Die Zahl der Erwerbstätigen in China ist in den letzten drei Jahren um mehr als 41 Millionen Personen gesunken. Grund sind sowohl die Auswirkungen der Coronavirus-Pandemie auf die Wirtschaft als auch der Rückgang der Bevölkerung im erwerbsfähigen Alter. 

Nach Angaben des chinesischen Statistikamts waren im Jahr 2022 rund 733,5 Millionen Chinesen erwerbstätig. Das ist ein massiver Rückgang gegenüber den 774,7 Millionen Erwerbstätigen im Jahr 2019. Der Rückgang der Beschäftigung in diesem Zeitraum entspricht fast der gesamten Erwerbsbevölkerung Deutschlands, die laut Weltbank im Jahr 2021 etwa 44 Millionen betrug. 

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Die Daten sind zum Teil auf einen raschen Anstieg der Zahl der Menschen zurückzuführen, die in den Ruhestand gehen, was wahrscheinlich den Druck auf Peking erhöht, unpopuläre Pläne zur Anhebung des offiziellen Rentenalters zu beschleunigen.

Der Rückgang spiegelt auch Faktoren wie die höhere Jugendarbeitslosigkeit aufgrund der Pandemie sowie eine schrumpfende Zahl von Menschen in der «klassischen Altersgruppe der Bevölkerung im erwerbsfähigen Alter» wider, sagte Stuart Gietel-Basten, ein Demograf an der Hong Kong University of Science and Technology.

Demografischer Wandel

Die Zahl der Menschen in China im Alter zwischen 16 und 59 Jahren ist seit 2012 allmählich zurückgegangen. In den letzten drei Jahren sank die Zahl dieser Gruppe um 38 Millionen auf 857,6 Millionen – ein deutlich schnellerer Rückgang als in den Vorjahren.  

Der demografische Wandel war der «treibende Faktor» für den Beschäftigungsrückgang im Jahr 2022, sagte Lu Feng, ein Arbeitsökonom an der Universität Peking, da die Bevölkerung, die das in China übliche Rentenalter von 60 Jahren erreicht, «dramatisch anstieg». 

Es wird erwartet, dass sich Chinas Wirtschaftswachstum in diesem Jahr aufgrund des Endes der Coronavirus-Beschränkungen und eines starken Rückgangs der Infektionen beschleunigen wird. 

Infolgedessen könnte die Zahl der Erwerbstätigen in China «in diesem Jahr steigen, da die Menschen in die Arbeitswelt zurückkehren», sagte Larry Hu, China-Ökonom bei Macquarie Securities und fügte hinzu, dass «der strukturelle Abwärtstrend aufgrund der alternden Bevölkerung anhalten wird.»

Reform des Renteneintrittsalters

Das Renteneintrittsalter in China liegt seit mehr als vier Jahrzehnten unverändert bei 60 Jahren für Männer und 55 Jahren für weibliche Angestellte, obwohl die Lebenserwartung gestiegen ist. China erlebte in den 1960er Jahren einen Babyboom, was bedeutet, dass im Laufe dieses Jahrzehnts eine grosse Gruppe von Arbeitnehmern aus der Altersgruppe der 16- bis 59-Jährigen herausfallen wird. 

Die regierende Kommunistische Partei des Landes hat die Reform des Renteneintrittsalters zu einer ihrer wichtigsten wirtschaftlichen Aufgaben für dieses Jahr erklärt. Nähere Einzelheiten zu den Reformplänen könnten in diesem Monat bekannt gegeben werden, wenn der jährliche Arbeitsbericht der Regierung auf dem Nationalen Volkskongress vorgelegt wird. 

Wie stark der öffentliche Widerstand gegen jegliche Änderungen ist, zeigte sich im vergangenen Monat, als ein Forschungsbericht von Citic Securities, der eine Anhebung des Rentenalters für Frauen ab 2025 prognostizierte, im Internet breite Kritik hervorrief. 

Verstädterung und Arbeitsproduktivität

Nach Angaben des chinesischen Statistikamts hat sich die chinesische Erwerbsbevölkerung in den letzten zehn Jahren deutlich stärker verstädtert, ein Trend, den Ökonomen als positiv für das Wirtschaftswachstum ansehen. Etwa 63 Prozent der Arbeitnehmer waren im vergangenen Jahr in städtischen Gebieten beschäftigt, zehn Jahre zuvor waren es noch 50 Prozent. 

Chinas Arbeitnehmer werden auch immer produktiver. Die Arbeitsproduktivität – definiert als das Bruttoinlandsprodukt, das pro Arbeitnehmer erwirtschaftet wird – stieg nach Angaben des Statistikamts im Jahr 2022 um 4,2 Prozent. Allerdings hat sich dieser Anstieg gegenüber den in den 2010er Jahren verzeichneten Raten von rund 6 Prozent pro Jahr verlangsamt. 

Yu Jiadong, Vizeminister für Personalwesen und soziale Sicherheit, sagte bei einem Briefing am Donnerstag, dass der Rückgang der Bevölkerung im erwerbsfähigen Alter in China auf die steigende Zahl der Rentner zurückzuführen sei, und fügte hinzu, dass China «die grösste Bevölkerung und Arbeitskraft aller Entwicklungsländer» habe.

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Quelle: Statista

(bloomberg/spi/gku)