Dass es derart schnell ginge, hat niemand für möglich gehalten. Noch vor wenigen Monaten galten Chinas Machthaber in Schweizer Chefetagen als Garanten von Zuverlässigkeit und Berechenbarkeit; Kommunisten zwar, die wieder Mao Zedong huldigen und die Überwachung perfektionieren, aber immerhin gut fürs Geschäft.

Nun aber macht sich Katerstimmung unter den China-Fahrern breit. Und Westfirmen schauen sich bereits nach Alternativen um. Apple, die wertvollste Firma der Welt, will seine Investitionen weg von China in Länder wie Indien oder Vietnam umlenken, weil der Glaube an den Standort mit jedem Tag schwindet. Insgeheim überlegen sich auch Schweizer Industrielle, welche Rolle Chinas Zulieferer künftig spielen werden. Sie wird definitiv kleiner werden.

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Zunehmend verstörend wirkt die erratische Null-Covid-Strategie, die Chinas Machtzirkel um Xi Jinping betreibt. Sie hat paranoide Züge und beschert dem Land einen wirtschaftlichen Einbruch. Seit Wochen stöhnt die Wirtschaftsmetropole Schanghai unter einem rigiden Lockdown, der die Bevölkerung verzweifeln und den Handel bedrohlich schwinden lässt.

In Peking ist aktuell der Bus- und U-Bahn-Verkehr unterbrochen, während die Restaurants fast täglich von den Behörden verriegelt werden. Sobald hundert Corona-Fälle auftauchen, gibts in der Hauptstadt keine Gnade mehr. Wer keinen Notvorrat in der Küche stehen hat, ist selber schuld.

Glauben an Chinas Regierung erschüttert

Der tägliche Übergriff der Behörden hat den Glauben in die Fähigkeit der Zentralregierung erschüttert. Die Konsequenzen werden schon sichtbar, denn sollte Apple China den Rücken zukehren, werden weitere Firmen folgen. Gemäss einer aktuellen Umfrage der Europäischen Handelskammer in China ist bei drei Vierteln der Westfirmen Chinas Attraktivität für künftige Investitionen geschwunden.

Der Vertrauensverlust ist auch bei Schweizer Firmen gross: Expats verlassen in Scharen das Land, offene Stellen lassen sich nicht mehr nachbesetzen. Weil sich nach zwei Jahren Entbehrung in der Pandemie niemand mehr der Willkür der Machtzentrale aussetzen will.

CO2-Bilanz von Chinas Wirtschaft wird schlechter

Doch der Hochmut Xis ist nur das eine. Das andere ist die Klimapolitik. Viele Westfirmen haben sich auf Klimaneutralität in den Jahren 2030 oder 2040 verpflichtet. Und eine Produktion in China hilft bei der Aufbesserung der Klimabilanz nicht, ganz im Gegenteil. Derzeit stammen im mächtigsten Zulieferland der Welt 85 Prozent der Energie aus fossilen Quellen, zudem sind aktuell weitere 200 Kohlekraftwerke in Bau.

Die CO2-Bilanz von Chinas Wirtschaft wird sich in den nächsten Jahren also weiter verschlechtern. Diese ernüchternden Perspektiven werden zur Belastung für all jene Firmen, die ihren CO2-Ausstoss dringend verringern müssen, um ihre Versprechen ein- und ihre Finanzinvestoren an Bord zu halten. 

Weil Chinas Machthaber in der Covid-19-Bekämpfung versagen und die Dekarbonisierung des Landes ignorieren, manövrieren sie sich selber ins Abseits.