Im Kanton Appenzell-Innerrhoden und Glarus herrscht die Landsgemeinde. Schweizerinnen und Schweizer entscheiden über kantonale Abstimmungen und Wahlen noch mit Handerheben auf dem Platz des Hauptortes. Ein Unterfangen, das in Indien kaum funktionieren würde. Die grösste Demokratie der Welt wählt ein neues Parlament. An Superlativen ist dieser Urnengang nicht zu überbieten. «Handelszeitung» liefert die verrücktesten Fakten zur Mega-Wahl und vergleicht mit der Schweiz.

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Die Dimension

Noch nie in der Geschichte gab es eine Wahl in dieser Grössenordnung. 969 Millionen Inderinnen und Inder sind wahlberechtigt. Das sind 150 Millionen mehr als bei der letzten Wahl vor fünf Jahren. Insbesondere mehr Frauen registrierten sich in den letzten Jahren, um am Urnengang teilzunehmen.

Indische Frauen warten stehen Schlange, um ihre Stimme abzugeben.

Indische Frauen warten stehen Schlange, um ihre Stimme abzugeben.

Quelle: imago/ZUMA Wire

Die Anzahl an wahlberechtigten Personen in Indien beträgt mehr als das Doppelte der Gesamtbevölkerung aller EU-Staaten. Kein Wunder, ist bei der demokratischen Abstimmung die Rede von der grössten logistischen Übung in Friedenszeiten. Abgestimmt wird nicht an einem Tag wie in der Schweiz, sondern über 44. Das Ergebnis soll am 4. Juni vorliegen.

2660 registrierte Parteien

In Indien gibt es 2660 registrierte Parteien. 2019 standen allerdings «nur» 643 zur Wahl. Viele Organisationen treten in einem Bundesstaat oder sogar nur in einem einzigen Wahlkreis an. Die Parteien gaben damals 8,7 Milliarden Dollar (7,9 Milliarden Franken) für den Wahlkampf aus.

Für die Parlamentswahlen 2023 wurden in der Schweiz insgesamt 54,05 Millionen Franken als Budget deklariert. Es waren die ersten Wahlen, an denen führende Akteure ihre Finanzen aufdecken mussten.

Indische Parlamentarier vertreten 73-mal mehr Bürger als Schweizer

Das indische Parlament besteht aus zwei Kammern. Das Oberhaus wird direkt vom Volk in einem Majorzsystem gewählt. Hier sitzen 543 Mitglieder. Bricht man diese Zahl herunter, repräsentiert ein indischer Parlamentarier 2'630'990 Einwohner.

In der Schweiz vertritt ein Volksvertreter gerade einmal 35'835 Bürger. An Verantwortung mangelt es den indischen Politikerinnen und Politiker definitiv nicht.

Wie wählen Analphabeten?

Gewählt wird in Indien mit elektronischen Wahlmaschinen. Die Tasten sind mit Parteiennamen angeschrieben, zeigen aber auch die Symbole der jeweiligen politischen Organisationen an.

Und das aus gutem Grund: Rund ein Viertel der indischen Bevölkerung ist analphabetisch. Angesichts dessen wurden die elektronischen Wahlmaschinen eingeführt. So sollen alle Wahlberechtigten ihre Stimme abgeben können.

Abgestimmt wird mit elektronischen Wahlmaschinen.

Abgestimmt wird mit elektronischen Wahlmaschinen.

Quelle: imago/ZUMA Wire

Das höchste Wahllokal der Welt

Die Wahlen in Indien setzen eine logistische Meisterleistung voraus. Über eine Million Wahlmaschinen stehen im Einsatz. 15 Millionen Wahlhelfer stellen die Durchführung sicher. Sie reisen mit Helikoptern, mit Booten und auf Pferden, um auch Wählerinnen und Wähler auf 4650 Metern über Meer im Himalaya zu erreichen. Das liegt 30 Meter über dem höchsten Berg der Schweiz, der Dufourspitze.

Der Aufwand scheint sich zu lohnen. Bei der letzten Wahl 2019 lag die Beteiligung bei 67 Prozent. Als Erinnerung: Die Beteiligung bei den Nationalratswahlen 2023 in der Schweiz, einer der besten Demokratien der Welt, lag bei 46,6 Prozent.