Was sich in Dubai in den letzten zwei Wochen abspielte, war ein Klima-Krimi. Bis der Abschlusstext der UN-Weltklimakonferenz COP 28 stand, gab es zahlreiche Kniffe und Wendungen. Erstmals einigten sich die 200 Staaten auf eine globale Abkehr von Öl, Kohle und Gas. Es ist nicht der von vielen Ländern erhoffte komplette Ausstieg aus den fossilen Brennstoffen, aber ein vielversprechender Anfang. Dazu kommen die Einrichtung des Verlusts- und Schadensfonds, eine geplante Verdreifachung der erneuerbaren Energien und das Eindämmen von Methanemissionen. Um die Bedeutung dieses Dokuments zu begreifen, muss man sehen, was die UN-Weltklimakonferenz leisten kann, was die Formulierung bedeutet – und wie lange der Weg zu diesem Kompromiss war.

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Seit 1995 findet der jährliche Klimagipfel der Weltgemeinschaft statt. Er ist dafür da, das Bewusstsein für die Klimakrise zu schärfen, einen möglichst weltweiten Konsens für den Umgang damit zu finden und Finanzmittel zu mobilisieren. Schon oft stand die Konferenz kurz vor dem Scheitern, die Verhandlungen verlängerten sich um Tage, manche der Gipfeltreffen blieben bedeutungslos. Andere brachten echte Durchbrüche wie das Pariser Klimaabkommen 2015, mit welchem sich die Weltgemeinschaft schwor, die Erderwärmung auf 2 Grad im Vergleich zum vorindustriellen Zeitalter zu begrenzen – ein messbares Ziel, das später sogar auf 1,5 Grad verschärft wurde. 

Der diesjährige Gastgeber Sultan al-Jaber, hauptberuflich Chef der nationalen Ölgesellschaft der Vereinigten Arabischen Emirate, hatte den Ehrgeiz, etwas ähnlich Grosses hervorzubringen. Das Misstrauen war zu Recht gross. Ausgerechnet ein Ölboss sollte diesmal – im heissesten Jahr seit Beginn der Aufzeichnungen – die Brücke zwischen den Staaten und ihren unterschiedlichen Interessen schlagen: den Ölproduzenten, den Entwicklungsländern, dem Westen und jenen schon heute besonders von der Klimakrise betroffenen Ländern wie Inselstaaten. Bei all den unterschiedlichen Perspektiven und Interessen einen Konsens zu finden, ist eine Herkulesaufgabe. Die Lösung der Klimakrise ist eben nicht schwarz-weiss.

Al Gore sprach in Dubai von einem «positiven politischen Kipppunkt».

Zwar ist das weltweite Klimaziel in Gefahr und es ist unbestritten, dass die fossilen Energien der Haupttreiber der Erderwärmung sind. Doch es gibt etwa durchaus gute Argumente für eine (vorläufige) Ausweitung der Ölproduktion in den Golfstaaten, die eine relativ geringe Emissionsintensität aufweist, um CO2-intensivere Energiequellen wie das Schiefergas in den Vereinigten Staaten oder kanadischen Ölsand schneller aufzugeben. Zudem sind die Anreize für konsequente Massnahmen gering: Die Kosten dafür liegen erstmal bei den einzelnen Ländern, profitieren tut die Welt. Dass sich bei der diesjährigen COP in Dubai aber neben den Staats- und Regierungschefs auch die CEOs der grossen Banken und Wirtschaftsführende die Klinke in die Hand gaben, ist ein gutes Zeichen. Die Welt hat flächendeckend erkannt, dass sie etwas gegen die Klimakrise unternehmen muss. Ex-US-Vizepräsident Al Gore sprach bei einem Nebenevent von einem «positiven politischen Kipppunkt». 

Der Abschlusstext der COP 28, über den bis in die frühen Morgenstunden des Mittwochs gerungen wurde, ist Ausdruck dieser fast drei Jahrzehnte langen Entwicklung. Der Kompromiss lautet, dass es Ölproduzenten und Entwicklungsländern freisteht, ihren eigenen Weg zu Netto-null-Emissionen zu gehen. Diese Formulierung ist der Anfang vom Ende der alten, von den fossilen Energien abhängigen Welt, wie wir sie kennen. Der Klimagipfel brachte vielleicht nicht den erhofften kompletten Ausstieg aus Öl, Kohle und Gas. Aber er ist ein historischer Konsens, der die Regierungen, die politischen Massnahmen und die Finanzströme wieder ein Stückchen weiter in Richtung des 1,5-Grad-Ziels treibt. Und der diese COP zur bedeutendsten seit dem Pariser Klimaabkommen macht.