Zürcher Innenstadt, Nüschelerstrasse 31, unweit von Paradeplatz, Kaufleuten und Bahnhofstrasse. Im Hauseingang reiht sich Postfach an Postfach. Die Adresse ist Domizil für ein Geflecht von Finanzfirmen wie Synetos, Quadris, JQ Partners und Quality. Letztere ist Treuhänderin für diese Gesellschaften und stellt seit Anfang Februar die Räumlichkeiten für die Handelskammer Usbekistans zur Verfügung: Die Uzbek Swiss Chamber of Commerce and Industry, kurz UZSCCI. Offizielle Mitglieder sind bislang ein selbstständiger Karriereberater, eine Produktionsfirma für Independent-Filme und zwei Anwälte.

Partner-Inhalte
 
 
 
 
 
 

Die Gründung einer usbekischen Handelskammer scheint jedoch heikel, denn die Beziehungen des zentralasiatischen Staates zur Schweiz bergen wirtschaftlichen und politischen Zündstoff. Das Staatssekretariat für Wirtschaft (Seco) aktualisierte erst vor wenigen Tagen die Sanktionenliste. Darin werden zwei islamistische Terrororganisationen aus Usbekistan aufgeführt, unter anderem im Bereich «Finanzsanktionen».

Rätselhafte Geldflüsse beschäftigen den Bundesrat

Gemäss dem Corporate Europe Observatory in Brüssel zählt Usbekistan zu den repressivsten Staaten der Welt. Präsident Islam Karimov lässt einem Bericht zufolge eine Million Bürger, darunter Kinder, Baumwolle pflücken, um mit dem Exportartikel Nummer eins des Landes viel Geld zu machen. Folter und Verfolgung wegen politischer und religiöser Einstellungen stehen, so das Corporate Europe Observatory, auf der Tagesordnung. Ausserdem eröffnete die Bundesanwaltschaft Mitte 2012 ein Ermittlungsverfahren wegen Geldwäscherei. Islam Karimovs Tochter Gulnara Karimova erwarb für fast 20 Millionen Franken eine Villa in Cologny GE. Die Herkunft des Geldes für den Palast am Genfersee gibt bis heute Rätsel auf. Im September 2013 wurden die Untersuchungen auf Karimova ausgeweitet.

Die rätselhaften Geldflüsse beschäftigten zuletzt auch den Bundesrat im September 2014. In einer parlamentarischen Anfrage heisst es, die Schweiz werde als «Hafen für unrechtmässig erworbene Vermögenswerte missbraucht und Gelder über Schweizer Firmen und Immobilien gewaschen. Trotzdem finden sich gerade am Genfersee Ausländer etwa aus Usbekistan, die ihr Geld – oder das Geld des Volkes – in Luxusimmobilien investiert haben.» Im Zusammenhang mit den Beziehungen Usbekistan-Schweiz kämen laut Parlamentspapier «komplizierte Firmenkonstrukte» zum Einsatz.

Top Level Connections

Der Zweck des Privatvereins UZSCCI ist offiziell die «Förderung von Handel und Wirtschaft zwischen Usbekistan und der Schweiz». Der Fokus liegt laut Gründerin und Präsidentin Gulnara Salimova auf den Wirtschaftsbeziehungen, insbesondere für die Textil-, chemische und Maschinenindustrie. Mit Politik befasse man sich nicht. «Politisch und konfessionell neutral» steht in den Statuten. Bei auftretenden Schwierigkeiten will Salimova aber «schlichtend» eingreifen. Sie versichert, über ein offizielles Mandat Usbekistans zu verfügen. «Wir haben enge Kontakte zu Firmen und Institutionen und wir haben Top Level Connections.» Bereits für April sei eine Fact Finding Mission nach Usbekistan für Schweizer Firmen geplant. Anfang Juli soll der usbekische Wirtschaftsminister die Schweiz besuchen. Die Handelsförderstelle Switzerland Global Enterprise ist darüber informiert. Allerdings besteht mit der UZSCCI «keine vertragliche Kooperation», sagt eine Sprecherin. Seco und Aussendepartement sind nicht involviert.

Mit komplizierten Firmenkonstrukten kennt sich Salimova aus. Vor ihrer Position als Wirtschaftsmissionarin war sie oberste Repräsentantin der usbekischen Ansher Group in der Schweiz.

Ungeklärte Fragen legaler Art

Diese Gesellschaft versuchte von 2007 bis 2011 Vermögensverwaltung von der Schweiz aus zu betreiben. Die Firma wechselte in vier Jahren mehrmals sowohl den Standort als auch die Revisionsstelle. Anwälte und Wirtschaftsprüfer haben früher oder später ihr Mandat von Ansher niedergelegt oder das Domizil einseitig gekündigt.

Über die Gründe schweigen sich die Advokaten aus. Ein involvierter Jurist sagt: «Die Vorstellungen der Ansher Gruppe waren auf dem legalen Weg nicht realisierbar.» 2011 zog sich die Gruppe aus der Schweiz zurück. Wie die heimische Wirtschaftsdiplomatie nun auf die neue Handelskammer reagieren wird, bleibt abzuwarten.