Münzen sind silberfarben oder kupferbraun, wertvolle Sammlerstücke auch aus Gold. Und manch einer erinnert sich vielleicht auch noch an die kleinen Lire-Münzen aus dem Italien-Urlaub, die aus Blech gemacht schienen. Doch schon bald können die Deutschen eine Münze in den Händen halten, wie es sie noch nie zuvor gegeben hat. Unter Numismatikern wird sie bereits als Weltsensation gefeiert.
Im Frühjahr nächsten Jahres kommt eine Fünf-Euro-Münze auf den Markt, die in der Mitte einen durchsichtigen, blau schimmernden Ring enthält. Er besteht aus einem Material, das sich wie Metall prägen lässt, tatsächlich aber ein Kunststoff ist, in den neben Farbpigmente auch Sicherheitsmerkmale integriert werden können.
«Epochale Innovation»
«Das ist eine epochale Innovation» sagt Peter Huber, Münzleiter der Staatlichen Münzen Baden-Württemberg, die für die Entwicklung verantwortlich waren. Vor allem aber könnte der Ring in der Zukunft auch in die herkömmlichen Euro-Umlaufmünzen integriert werden, um sie besser gegen Fälschungen zu schützen.
Die neue Münze wird zwar in Deutschland ein offiziell gültiges Zahlungsmittel sein, dürfte aber wohl kaum dafür eingesetzt werden. Zielgruppe sind vielmehr Sammler und solche, die es noch werden wollen. «Die moderne Münze soll vor allem auch bei jungen Menschen Interesse wecken», so Huber. Das Motiv darauf ist dem «Planet Erde» gewidmet. Auf der Rückseite ist eine Ansicht des Globus zu sehen, die von dem Polymer-Ring umgeben ist. Dieser ist daher in Blau gehalten, obwohl auch jede andere Farbe technisch möglich wäre. Er symbolisiert die Erdatmosphäre.
Stabilität bleibt erhalten
Der Polymer-Ring wird von einem weiteren Metallring umschlossen, auf dem die anderen Planeten unseres Sonnensystems abgebildet sind. Somit besteht die Münze aus insgesamt drei Teilen. Huber versichert jedoch, dass dies der Stabilität keinen Abbruch tut. «Die Haftung zwischen dem Polymer und den Metallen ist genauso stark wie zwischen den beiden Bestandteilen der Ein- und Zwei-Euro-Stücke.»
Der Durchmesser der Sammlermünze wird 27,25 Millimeter betragen, also etwa 1,5 Millimeter mehr als beim Zwei-Euro-Stück. Mit neun Gramm wird sie zudem rund 0,5 Gramm schwerer sein. Der Innenteil, der vom 1,03 Millimeter breiten Polymer-Ring umschlossen ist – in Fachkreisen als «Pille» bezeichnet –, ist genauso gross wie bei einem Ein-Euro-Stück.
Zehn Jahre Forschung
Zehn Jahre Forschung waren nötig, um die Münze zu entwickeln. Auch die Bundesbank, die Bayerische Münze sowie das Leibniz-Institut der RWTH Aachen, wo das Polymer entwickelt und zertifiziert wurde, waren daran beteiligt. Ihre Erfindung ist auch durch ein Patent geschützt.
Derzeit werden die Prägewerkzeuge hergestellt. Diese werden dann allen fünf deutschen Münzstätten zur Verfügung gestellt, sodass die Münze in Berlin, Hamburg, Karlsruhe, München und Stuttgart geprägt werden wird. Bei der «World Money Fair» in Berlin, einer internationalen Münzenmesse, wird sie dann Anfang Februar 2016 voraussichtlich vorgestellt.
Doch das soll nach dem Willen der Entwickler nur der Anfang sein. Sie haben sich jahrelang abgemüht, weil sie einen neuen Exportschlager schaffen wollten. «Der innovative Werkstoff 'Made in Baden-Württemberg' dürfte in wenigen Jahren in vielen Ländern der Welt zum Einsatz kommen», hofft Huber, der die Produktion in der grössten deutschen Münze leitet.
Sammlermünze als erster grosser Feldversuch
Tatsächlich werden derzeit vielerorts Technologien erforscht, mit deren Hilfe Münzen fälschungssicherer gemacht werden können. Deutschland ist jedoch weltweit führend bei der Prägetechnologie, und daher überrascht es auch nicht, dass die erste derartige Erfindung nun hierzulande serienreif ist. Die Sammlermünze ist damit letztlich auch ein erster grosser Feldversuch, bei dem getestet werden soll, wie die Technologie sich in der Praxis bewährt.
Fällt dieser erfolgreich aus, können die Erfinder sogar hoffen, dass irgendwann auch herkömmliche Euro-Umlaufmünzen mit ihrer Technologie ausgestattet werden, vor allem wenn die Entscheidung fallen sollte, den Fünf-Euro-Schein durch eine Münze zu ersetzen. Dessen Wert sinkt im Laufe der Jahre durch die Inflation stetig, seine Produktionskosten sind jedoch deutlich höher, als die einer entsprechenden Münze wären.
In Europa 113 Milliarden Münzen in Umlauf
Dies liegt vor allem an der kostspieligen Integration von Sicherheitsmerkmalen auf den Banknoten. Mit der Polymer-Technologie gäbe es jetzt eine günstigere Alternative, die ähnlich hohe Sicherheitsstandards ermöglicht. Und der potenzielle Markt für diese Technologie ist riesig. Denn alleine in der Euro-Zone sind derzeit rund 113 Milliarden Münzen in Umlauf.
Den höchsten Anteil daran haben mit rund 53 Milliarden Stück allerdings die Ein- und Zwei-Cent-Münzen. Deren Nutzen im Alltag sinkt jedoch mit den steigenden Preisen beständig, sodass einige Länder, wie Finnland, sie schon nicht mehr produzieren und diese Münzen dort nicht mehr vorkommen.
Von der Münze mit dem höchsten Wert, dem Zwei-Euro-Stück, sind europaweit aber immerhin auch noch rund 5,4 Milliarden in Umlauf. Selbst wenn ein neues Fünf-Euro-Stück nur in dieser Zahl geprägt werden würde, so ginge es doch um einen Milliarden-Markt.
Dieser Artikel ist zuerst auf unserer Schwester-Publikation «Die Welt» unter dem Titel «Das macht der blau schimmernde Ring auf den Euro-Münzen».