17. Sept. 1984: Die Schweiz und Deutschland schliessen nach Klagen süddeutscher Gemeinden über die Fluglärm-Belastung eine Verwaltungs-Vereinbarung ab, die die Landeanflüge auf Kloten ausgewogen verteilen soll. Bald darauf beschweren sich süddeutsche Gemeinden über die Nichteinhaltung der Vereinbarung.
22. Mai 2000: Die deutsche Regierung kündigt nach fünf erfolglosen Verhandlungsrunden über eine Anpassung die Vereinbarung von 1984 per Ende 2001 auf.
24. Aug. 2000: Der Zürcher Regierungsrat will die Nachtflug-Sperrzeiten auf sieben Stunden ausdehnen.
4. Sept. 2001: Die Verkehrsminister Moritz Leuenberger und Kurt Bodewig einigen sich in Bonn auf ein Luftverkehrsabkommen (Staatsvertrag), das die Flugbewegungen über deutsches Gebiet um gut 35 Prozent auf unter 100'000 innert 41 Monaten reduziert.
18. Okt. 2001: Das Luftverkehrsabkommen wird unterzeichnet. In einem ersten Schritt wird das Nachtflugverbot über Süddeutschland ausgeweitet.
24. Nov. 2001: Der Absturz eines Crossair-Jumbolino bei Bassersdorf ZH mit 24 Toten nährt die Kritik am Luftverkehrsabkommen. Wegen der Nachtsperre für Nord-Anflüge flog die von Osten kommende Maschine auf die Piste 10/28, die nicht über das Instrumentenlandesystem ILS verfügt.
Deutscher Bundesrat sagt Nein
17. Mai 2002: Der Deutsche Bundestag stimmt dem Luftverkehrsabkommen zu - gegen die Stimmen von CDU,CSU und FDP, die die süddeutsche Bevölkerung benachteiligt sehen.
19. Juni 2002: Mit 105 zu 79 Stimmen lehnt der Nationalrat als Erstrat das Luftverkehrsabkommen ab.
21. Juni 2002: Der deutsche Bundesrat lehnt das Luftverkehrsabkommen auf Antrag von Baden-Württemberg ab.
6. Okt. 2002: Die Fluggesellschaft Swiss und die Unique Flughafen Zürich AG reichen Klage beim Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg gegen die Flugbeschränkungen ein: Diese seien eine «diskriminierende Massnahme», die gegen deutsches, EU- und internationales Luftverkehrsrecht verstiessen.
27. Okt. 2002: Am Flughafen Kloten tritt die Regelung in Kraft, die nachts und an Wochenenden das Überfliegen Süddeutschlands untersagt. Gemäss Bundesamt für Zivilluftfahrt (Bazl) müssen die Flugzeuge im Ostanflug auf der Piste 10/28 landen.
8. Nov. 2002: Die Zürcher Regierung und der Flughafen einigen sich auf das neue Betriebsreglement. Dies kommt vom Prinzip der Lärmverteilung ab und hält am Status Quo mit Nordanflug fest.
24. Jan. 2003: Das Baden-Württembergische Verwaltungsgericht in Mannheim weist die Klagen von Swiss und Unique ab. Die Anflugbeschränkungen über dem süddeutschen Grenzgebiet verletzen die Rechte von Unique und Swiss nicht.
Flugbeschränkungen über Süddeutschland bestätigt
18. März 2003: Nach dem Nationalrat sagt auch der Ständerat mit 30 zu 13 Stimmen Nein zum Luftverkehrsabkommen mit Deutschland. Dieses ist damit gescheitert.
19. März 2003: Unique und Swiss reichen Beschwerde gegen das Urteil von Mannheim ein.
17. April 2003: Deutschland setzt wie angekündigt seine einseitigen Verordnung in Kraft. Damit können täglich rund 30 Flugzeuge weniger von Norden her Zürich anfliegen. Der Bund verfügt per Notrecht Ostanflüge auf die Piste 10/28.
9. Mai 2003: Der Bundesrat ficht die einseitigen Massnahmen Deutschlands für Anflüge auf Zürich bei der Europäischen Kommission an.
Juni 2003: Der Zürcher Kantonsrat, der Zürcher Stadtrat und die im Fluglärmforum Süd zusammengeschlossenen Gemeinden setzen auf den so genannten gekröpften Nordanflug. Dieser ist aber gemäss Bazl sicher nicht kurzfristig realisierbar.
26. Juni 2003: Die Verkehrsminister Leuenberger und Stolpe einigen sich darauf, dass Deutschland die geplanten Verschärfungen des Anflugregimes bis zum 30. Oktober aussetzt, im Gegenzug garantiert die Schweiz ab Herbst Südanflüge auf die Piste 16/34. Diese soll etappenweise mit dem ILS ausgerüstet werden.
1. Aug. 2003: Der Verwaltungsgerichtshof Mannheim bestätigt die Flugbeschränkungen über Süddeutschland. Er weist Eil-Anträge der Swiss und der Zürcher Flughafenbetreiber ab.
Baustopp für Instrumentenlandesystem
6. Nov. 2003: Mit einer Direktions-Rochade zwischen Ruedi Jeker und Rita Fuhrer versucht der Zürcher Regierungsrat den Flughafenkonflikt zu entkrampfen. Fuhrer übernimmt mit der Volkswirtschaftsdirektion das Flughafendossier.
5. Dez. 2003: Die EU-Kommission weist eine Beschwerde des Bundesrats gegen die deutschen Flugbeschränkungen zurück. Der Bundesrat legt Rekurs beim Europäischen Gerichtshof ein.
7. Jan. 2004: Das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig lässt den Weiterzug der Klagen von Unique und Swiss gegen das Urteil von Mannheim zu.
17. Feb. 2004: Der Entwurf zu einem neuen Betriebsreglement räumt dem Flughafen Zürich mehr Freiheiten bei der Pistennutzung ein. Die Kapazität liegt bei maximal 350'000 Flugbewegungen pro Jahr. Vor allem in Zürich wird massiver Protest laut.
24. März 2004: Bei einem Treffen von Bundesrat Leuenberger mit Vertretern der Zürcher Regierung, Unique, Skyguide und Bazl wird das Vorgehen in Sachen gekröpfter Nordanflug abgesprochen.
1. Juni 2004: Der Stadtrat von Kloten erwirkt einen Baustopp für das Instrumentenlandesystem ILS auf der Piste 10/28. Er macht Sicherheitsbedenken und eine höhere Lärmbelastung geltend.
16. Juli 2004: Die Zürcher Fluglärm-Mediation scheitert: Die wichtigsten 28 Interessensgruppen können sich beim Treffen in Glattbrugg ZH nicht auf die weitere Vorgehensweise einigen.
Gekröpfter Nordanflug «nicht genehmigungsfähig»
13. Nov. 2004: Zwischen 2500 und 4000 Bewohner der Gebiete im Süden des Flughafens Zürich demonstrieren in Bern gegen das Südanflug-Regime. Verkehrsminister Moritz Leuenberger wird hart kritisiert.
09. Nov. 2004: In Bern ist der Startschuss zur Weiterführung des Prozesses zum Sachplan Infrastruktur der Luftfahrt (SIL) gefallen. Bis Ende 2007 soll für den Flughafen Zürich ein definitives Betriebskonzept definiert und genehmigt sein.
31. Dez. 2004: Die Flughafenbetreiberin Unique hat beim Bund das Gesuch für einen «gekröpften Nordanflug» eingereicht. Dieser soll den Flughafen Zürich von Südanflügen entlasten.
22. Jan. 2005: Nach dem Ministerpräsidenten von Baden-Württemberg protestiert nun auch die deutsche Regierung gegen den gekröpften Nordanflug am Flughafen Zürich. Nach Einschätzung der Bundesregierung ist dieser «nicht genehmigungsfähig».
31. Jan. 2005: Der Zürcher Regierungsrat sagt den Klagen von Swiss und Unique gegen das Urteil von Mannheim seine Unterstützung zu.
5. Mai 2005: Das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig vertagt den Entscheid über die Klagen von Unique und Swiss wegen des Anflugregimes für den Flughafen Zürich. Es begründet den Schritt mit dem hängigen Verfahren der Schweiz beim Europäischen Gerichtshof in Luxemburg.
Kantone nicht einig über die Flugrouten
24. Jan. 2006: Im Lärmstreit rund um den Flughafen Zürich hat der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg mehrere Klagen aus der Schweiz - der Stadt Zürich und anderer Zürcher Gemeinden - abgewiesen. Die Lärmbelästigungen beruhten nicht auf der deutschen Verordnung für Anflüge auf den Flughafen Zürich, sondern seien von den Schweizer Behörden zu verantworten, erklärten die Richter in Mannheim.
25. Sept. 2006: Bundesrätin Calmy-Rey schlägt im Fluglärmstreit eine Paketlösung (Luft-, Bahn- und Strassenverkehr) vor, was in Deutschland auf keine Gegenliebe stösst.
31. Okt. 2006: Die Verkehrsminister Leuenberger und Wolfgang Tiefensee vereinbaren in Berlin einen Neustart bei den Fluglärmverhandlungen.
3. Feb. 2007: Zürichs Stadtpräsident Elmar Ledergerber fordert die zuständigen deutschen Behörden in einem offenen Brief auf, die Beschränkungen für den Flugverkehr am Flughafen Kloten zu lockern. Diese winken ab.
8. März 2007: Beginn von deutsch-schweizerischen Fachgesprächen über die Fluglärm-Problematik in Bonn.
25. Nov. 2007: Die kantonalzürcherische Flughafeninitiative für eine Begrenzung der Flugbewegungen wird an der Urne abgelehnt, der Gegenvorschlag von Regierung und Parlament (Einsatz Fluglärmindex ZFI) gutgeheissen.
Zürcher Kantonsrat heisst eine Behördeninitiative gut
4. April 2008: Beim dritten Koordinationsgespräch zum Sachplan Infrastruktur der Luftfahrt (SIL) sind sich die Kantone nicht einig über die Flugrouten.
27. April 2008: Beim Besuch der deutschen Bundeskanzlerin Angela Merkel in Bern wird eine Wiederbelebung der Flugverkehrs-Arbeitsgruppe vereinbart. Wenn Ergebnisse vorliegen, soll die Schweiz ein konkretes Angebot zur Lösung des Fluglärmstreits präsentieren. Eine Paketlösung lehnt die Kanzlerin ab.
3. Juli 2008: Das Bundesamt für Zivilluftfahrt (Bazl) lehnt den gekröpften Nordanflug auf den Flughafen Zürich aus Gründen der Sicherheit ab.
23. Febr. 2009: Der Zürcher Kantonsrat heisst eine Behördeninitiative von 42 Gemeinden gut. Sie verlangt ein Verbot jeglicher Pistenausbauten.
13. Aug. 2009: Laut provisorischem Schlussbericht zum SIL-Prozess würde eine Verlängerung von zwei Pisten am meisten Anwohner des Flughafens Zürich-Kloten entlasten. Die süddeutsche Stadt Waldshut kritisiert die Vorschläge, weil diese sich nicht an die deutschen Sperrzeiten halten.
22. März 2010: Im Fluglärmstreit zwischen Deutschland und der Schweiz soll bis Ende Jahr ein neuer Lösungsvorschlag stehen, vereinbaren die Verkehrsminister beider Länder, Peter Ramsauer und Moritz Leuenberger, in Berlin.
Gespräche bringen keine Annäherung
28. April 2010: Die vom deutschen Verkehrsminister Peter Ramsauer und Bundesrat Moritz Leuenberger ins Leben gerufene Arbeitsgruppe nimmt ihre Arbeit auf. Sie hat den Auftrag, Ansätze für eine dauerhafte und einvernehmliche Regelung der Fluglärm-Verteilung zu finden.
1. Nov. 2010: Wirtschaftsministerin Doris Leuthard wechselt ins Departement für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation (UVEK). Sie übernimmt damit vom zurückgetretenen Verkehrsmister Moritz Leuenberger des Fluglärm-Dossier.
15. März 2011: Die Gespräche in der deutsch-schweizerischen Arbeitgruppe bringen keine Annäherung. Deutschland beharrt weiterhin darauf, die Zahl der Zürich-Anflüge über deutsches Gebiet zu reduzieren.
1. Juli 2011: Das Bundesgericht weist Beschwerden gegen das vorläufige Betriebsreglement des Flughafens Zürich ab und bestätigt damit im Wesentlichen den Entscheid des Bundesverwaltungsgerichts. Die Flughafen Zürich AG wird verpflichtet, die für 2013/2015 angekündigte Revision der Lärmgebühren für Flugzeuge vorzuziehen.
2. Sept 2011: Der Zürcher Volkswirtschaftsdirektor Ernst Stocker (SVP) regt an, bei den Verhandlungen mit Deutschland eine Paketlösung anzustreben. Eine Lösung im Fluglärmstreit sei nur möglich, wenn das Flughafendossier mit andern Themen - etwa der Personenfreizügigkeit oder dem Steuerabkommen - verknüpft werde.
Leuthard gibt Einigung bekannt
28. Jan. 2012: Bundesrätin Doris Leuthard und der deutsche Verkehrsminister Peter Raumsauer verständigen sich auf Grundzüge einer Lösung im Fluglärmstreit. Sie unterzeichnen am Rande des WEF eine Absichtserklärung. Im Sommer soll ein Staatsvertrag unterzeichnet werden. Damit zeichnet sich nach 27 Jahren ein Ende des Fluglärmstreits ab.
2. März 2012: Die Delegationen mit Vertretern beider Ländern beginnen die Verhandlungen über die Ausgestaltung des Staatsvertrags.
26. April 2012: Vor dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) in Luxemburg findet eine Verhandlung im Streit um die deutschen Anflugbeschränkungen statt.
2. Juli 2012: Bundesrätin Doris Leuthard gibt bekannt, dass sich die Verhandlungsdelegationen nach fünf Sitzungen auf einen Kompromiss geeinigt haben. Der neue Staatsvertrag muss noch von den Verkehrsministern unterzeichnet und den Parlamenten der beiden Länder ratifiziert werden.
(tno/aho/sda)