Der Plan des Bundesrats hatte eine gewisse Logik: Um Mütter zu animieren, ihr Arbeitspensum zu erhöhen oder überhaupt wieder ins Erwerbsleben einzusteigen, wollte er die Steuerabzüge für die externe Kinderbetreuung anheben. Es ging also um einen kleinen, gezielten Eingriff mit prognostizierten Steuerausfällen von zehn Millionen Franken pro Jahr.
Doch dann, kurz vor den Wahlen, stimmte plötzlich die bürgerliche Mehrheit im Parlament einem Einzelantrag von CVP-Nationalrat Philipp Kutter zu und erhöhte obendrauf auch noch den allgemeinen Kinderabzug von heute 6500 auf 10 000 Franken pro Kind. Die Zusatzkosten dieser Hauruckübung: 350 Millionen Franken pro Jahr.
Das ursprüngliche Ziel wird ins Gegenteil verkehrt
Finanzminister Ueli Maurer wehrte sich als oberster Kassenwart der Nation vergeblich dagegen. Weder seine formalen Einwände wie etwa der Nichteinbezug der Kantone noch seine inhaltlichen Bedenken wurden gehört, wonach mit dieser doch teuren Übung vor allem die hohen Einkommen entlastet würden. Das liegt am stark progressiven Charakter der direkten Bundessteuer: Es sind immer die hohen Einkommen, die überproportional von neuen Steuerabzügen profitieren, während die mittleren Einkommen kaum etwas spüren und die tiefsten gar nichts, weil sie ohnehin keine direkten Bundessteuern zahlen.
Doch das kümmerte die Befürworter nicht, sie sprachen unbeirrt weiter von Familienförderung und vom Mittelstand. Ein Etikettenschwindel, und nicht einmal der einzige. Fast noch ärgerlicher ist, dass mit der Erhöhung des allgemeinen Kinderabzugs das ursprüngliche Ziel – die Erhöhung der Erwerbstätigkeit der Frauen – ins Gegenteil verkehrt wird. Wieso sollen Frauen arbeiten gehen, wenn sie fürs Kinderkriegen belohnt werden, auch wenn sie am Herd bleiben? Und je mehr der Ehemann verdient, desto mehr zahlt sich das Zuhausebleiben aus. Ein absurder Schlusspunkt im Frauenjahr 2019.
«Neuauflage der SVP-Familieninitiative»
Es ist deshalb zu hoffen, dass das Referendum zustande kommt. Von der Linken ergriffen, wird es nun auch von vereinzelten liberalen Kräften unterstützt, wie etwa von der grünliberalen Nationalrätin Kathrin Bertschy. Sie sieht in der unliebsamen Reform eine «Neuauflage der SVP-Familieninitiative», welche 2013 abgelehnt wurde.
Vielleicht kommen ja bis zum wahrscheinlichen Abstimmungstermin im September 2020 auch noch andere zur Räson, jetzt, da der Wahldruck weg ist.