Die EU-Staaten fordern den Bundesrat dazu auf, sich hinter das ausgehandelte institutionelle Rahmenabkommen zu stellen und dieses nach der Konsultation im Frühling 2019 ans Parlament zu überweisen.
Man «bedaure sehr», dass der Bundesrat das Rahmenabkommen nicht schon im Dezember 2018 gutgeheissen habe, heisst es in einem Entwurf der EU-Schlussfolgerungen zur Schweiz weiter, welcher der Nachrichtenagentur Keystone-SDA vorliegt.
Voraussetzung für den Zugang zum Binnenmarkt
Der Abschluss eines Rahmenabkommen sei «die Voraussetzung für die EU, um künftige Abkommen mit der Schweiz abzuschliessen», die den Zugang zum Binnenmarkt ermöglichten. Ausserdem sei es auch «ein wichtiges Element bei der Entscheidung» über die Weiterentwicklung beim gegenseitigen Marktzugang, heisst es im Entwurf weiter.
Mit letzterer Bemerkung dürften die EU-Staaten auf die Äusserungen von EU-Kommissar Johannes Hahn im vergangenen Dezember anspielen. Damals machte Hahn deutlich, dass künftig ohne Rahmenabkommen auch bestehende Abkommen nicht mehr einfach aktualisiert würden. Später tauchte zudem eine EU-interne Weisung auf, in der diese Haltung explizit nochmals festgehalten ist.
Kritik an flankierenden Massnahmen
In den Schlussfolgerungen kritisiert wird die Schweiz zudem wie schon oft zuvor bei der Personenfreizügigkeit. Die EU-Staaten fordern Bern dazu auf, die relevanten EU-Regeln zu übernehmen – vor allem im Bereich der Entsendung von Arbeitnehmenden.
Ausserdem verlangen sie «die Aufhebung oder die Anpassung der flankierenden Massnahmen», welche die Schweiz «von EU-Wirtschaftsteilnehmern verlangt, die eine Dienstleistung auf ihrem Territorium erbringen», heisst es weiter.
Lob hingegen gibt es für die Umsetzung der Zuwanderungsinitiative. Die Schweiz habe die Initiative «in einer mit den Rechten der EU-Bürger unter dem Personenfreizügigkeitsabkommen kompatiblen Art und Weise» umgesetzt.
Neuer Kohäsionsbeitrag erwartet
Positiv nehmen die EU-Staaten in dem Entwurf zudem zur Kenntnis, dass der Bundesrat am 28. September 2018 grünes Licht für einen neuen Kohäsionsbeitrag gegeben hat. Dieser sei ein «integraler Teil der gesamten Beziehungen zwischen der EU und der Schweiz». Man erwarte nun eine «schnelle und bedingungslose Annahme der Vorlage durch das Parlament».
In der Schweiz hingegen wollen die zuständigen Parlamentarskommissionen die Zahlung der Kohäsionsmilliarde an die Bedingung knüpfen, dass die EU keine diskriminierenden Massnahmen gegen die Schweiz erlässt.
Thematisiert wird auch das zwischen der Schweiz und der EU 1972 geschlossene Freihandelsabkommen, das nach Meinung der EU-Staaten dringend modernisiert werden muss. Die EU-Staaten fordern vor allem, ein besserer Zugang zum Schweizer Markt «für Agrarprodukte und im Dienstleistungssektor ist dringend notwendig».
Viel Lob in anderen Bereichen
Positiv äussern sich die EU-Staaten etwa zum Automatischen Informationsaustausch (AIA) über Finanzkonten mit der Schweiz sowie zum «offene Dialog mit der Schweiz» bei der Besteuerung von Unternehmen. Hierbei geht es um fünf von der EU kritisierte Steuerregime, die mit dem AHV/Steuer-Paket bei der Volksabstimmung im Mai abgeschafft werden sollen.
Des Weiteren betonen die EU-Staaten, die «EU und die Schweiz sind enge Verbündete und wirtschaftlich wichtige Partner». Die Beziehung EU-Schweiz gehe aber weit über das Wirtschaftliche hinaus.
Als positive Beispiele hervorgehoben werden die Zusammenarbeit im internationalen Bereich etwa im Falle des Ukraine-Konflikts, in der Sahelzone oder bei der Entwicklungshilfe. Erwähnt werden auch das Abkommen zur Verknüpfung der CO2-Emissionshandelssysteme zwischen der Schweiz und der EU, das Schweizer Engagement bei der Migration und die Zusammenarbeit bei Schengen/Dublin.
Grünes Licht der Europaminister
Der Entwurf dieser Schlussfolgerungen soll laut Traktandenliste am Mittwoch ohne Diskussionen von den EU-Botschaftern akzeptiert werden. Am kommenden Dienstag sollen dann die Europaminister an ihren Treffen die Schlussfolgerungen gutheissen.
Alle zwei Jahre zieht die EU üblicherweise im Dezember in Form von Schlussfolgerungen Bilanz über ihre Beziehung zu den vier Efta-Staaten. Im Dezember 2018 wäre es wieder so weit gewesen, doch der Schweizer Teil musste wegen den Verhandlungen zum Rahmenabkommen verschoben werden.
(sda/mbü/bsh)