Die Ansprüche an den Bundeshaushalt sind gestiegen. Die Verteidigungsausgaben sollen erhöht, die vom Volk beschlossene 13. AHV-Rente muss finanziert und die klima- und energiepolitischen Herausforderungen können auch bei einer Begrenzung zusätzlicher Subventionen nicht ohne zusätzliches Geld bewältigt werden. Zudem diskutiert das Parlament, ob der Bund auch die kantonale Aufgabe der familienexternen Kinderbetreuung mitfinanzieren soll. Die Wünsche übersteigen das Realisierbare; es sei denn, es wird an anderen Orten gespart, oder die Steuern werden – zusätzlich zur Finanzierung der 13. AHV-Rente – erhöht.  

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In der Schweiz sind die Herausforderungen relativ einfach zu bewältigen, weil der Bund bis zur Covid-Krise seinen finanzpolitischen Handlungsspielraum bewahrt hat. Dies im Gegensatz zu vielen europäischen Ländern. Wir müssen die Prioritäten festlegen, die beschlossene 13. AHV-Rente finanzieren und einen verkraftbaren Teil der Bundesausgaben einsparen, allenfalls können auch gewisse Steuervergünstigungen beseitigt werden. Nicht sehr dramatisch, zumal die Ausgaben in vielen Aufgabengebieten in den letzten 15 Jahren stark gewachsen sind.

Zur Person: Serge Gaillard

Serge Gaillard ist Ökonom und ehemaliger Direktor der Eidgenössischen Finanzverwaltung.

Mit heftigen Verteilungskonflikten ist aber in den europäischen Ländern zu rechnen, in denen Schulden und Defizite bereits in den Jahren vor der Covid-Krise stark gestiegen waren und deren Bewohnerinnen und Bewohner bereits heute eine grosse Steuerlast schultern.

«Niemand rechnet damit, dass die Verteidigungsausgaben in einigen Jahren wieder zurückgefahren werden.»

Die Versuchung ist gross, auf befristete Lösungen zurückzugreifen, um den Diskussionen über die Prioritäten auszuweichen. Auch in der Schweiz. So wird immer wieder zur Diskussion gestellt, für einen Teil der Ausgaben einen Fonds zu schaffen, der sich verschulden darf. In einigen Jahren wird der Fonds aber seine Schulden zurückzahlen müssen. Die Herausforderungen werden dann nicht verschwunden sein.

Niemand rechnet damit, dass die Verteidigungsausgaben in einigen Jahren wieder zurückgefahren werden. Die 13. AHV-Rente wird weiterhin finanziert werden müssen, und auch die Herausforderungen in der Klima- und Energiepolitik werden uns noch beschäftigen. Die Ausgaben werden also weiterhin getätigt werden müssen, und zusätzlich wird der Fonds seine in der Zwischenzeit angehäuften Schulden zurückzahlen müssen.

Die Probleme werden damit nicht nur in die Zukunft verschoben, sie werden dann doppelt so gross sein wie heute. Das gleiche Problem besteht, wenn gewisse Ausgaben unter dem Titel der Ausserordentlichkeit mit Schulden finanziert werden. Die Finanzierungsprobleme würden damit auch in die Zukunft verschoben und vermutlich noch vergrössert, weil, je nach Regelung, auch diese Schulden irgendwann zurückgezahlt werden müssten.

Fondslösungen und der Rückgriff auf die Ausserordentlichkeit führen dazu, dass wir uns in einigen Jahren mit den gleichen Problemen beschäftigen werden wie heute, nur werden diese dann grösser sein. Werden hingegen Prioritäten gesetzt und die Finanzierungsprobleme heute gelöst, bleibt der Handlungsspielraum des Bundes auch für die Zukunft erhalten.