Joe Biden hat in seiner ersten Ansprache als US-Präsident vor dem Kongress die Schweiz im Zusammenhang mit Steuerhinterziehung genannt und als Steueroase bezeichnet. Bundesrat Ueli Maurer regierte erstaunt und schickte postwendend ein Schreiben an die US-Regierung.
Die Schweiz sei ein Land, das sämtliche internationalen Verpflichtungen vollumfänglich erfülle und sehr transparent sei, sagte Finanzminister Maurer in einem Interview mit dem Schweizer Radio und Fernsehen (SRF) vom Donnerstag. «Ich denke nicht, dass das wirklich die Haltung der Regierung ist, sondern da haben die Redenschreiber die aktuellen Fakten noch nicht gekannt.»
Aussprache mit Yellen geplant
Die Schweiz habe sich schriftlich bei der Biden-Administration gemeldet. Zudem will Maurer seinen Standpunkt bei einem Treffen mit US-Finanzministerin Janet Yellen in einigen Wochen nochmals persönlich darlegen.
«Ich glaube, solche Dinge passieren», sagte Maurer weiter. Biden sei als Präsident neu, er habe einfach eine Rede abgelesen. «Die Fakten sind ja völlig anders, es muss uns also nicht wirklich erschrecken.»
Kritik an Steuerumgehung
Der 78-jährige Biden hatte am Mittwoch (Ortszeit) im Kapitol in Washington vor den beiden Kammern des US-Kongresses am Vorabend seines 100. Tages im Amt eine 65-minütige Ansprache gehalten. Darin kritisierte er unter anderem 55 der grössten Unternehmen in Amerika. Diese hätten im letzten Jahr keine Bundeseinkommenssteuer gezahlt und zugleich aber mehr als vierzig Milliarden US-Dollar Gewinn gemacht.
«Viele Unternehmen hinterziehen Steuern durch Steueroasen - von der Schweiz über die Bermudas bis zu den Cayman Islands», sagte Biden weiter. Sie profitierten von Steuerschlupflöchern und der Verlagerung von Arbeitsplätzen und Gewinnen nach Übersee. «Das ist nicht richtig.»
(sda/mbü)