Sokrates soll, so berichtet es der griechische Philosoph Platon, über die Griechen gesagt haben, dass sie wie Frösche um einen Teich sässen. Gemeint waren damit die mehr als 150 von Griechen gegründeten demokratischen Kolonien rund um das Mittelmeer.
Schaut man heute auf die Schweiz, scheint es gewisse Ähnlichkeiten mit dem antiken Griechenland zu geben. Nur sitzen wir nicht quakend am Rand, sondern quakend mitten im Zentrum der demokratischen Welt. Zur Erinnerung: Nach dem Demokratieindex des «Economist» liegen 15 der 23 Länder, die als vollständige Demokratien bezeichnet werden, in Europa.
Mit keiner anderen Region der Welt teilen wir Schweizer und Schweizerinnen so viele Werte wie mit diesem Europa. Das fängt bei der historisch religiös geprägten Kultur an und setzt sich bei unserer Vorstellung von Recht, die römische und napoleonische Wurzeln hat, fort. Auch in anderer Hinsicht ist unsere Bevölkerung am engsten mit der europäischen verbunden. Zum Beispiel: Wie viele haben nicht zumindest einen Gross- oder Urgrosselternteil aus einem anderen Teil Europas? Oder: Die überwiegende Mehrheit der Menschen mit Migrationshintergrund stammt aus Europa.
Der Ökonom Klaus Wellershoff ist Gründer und Verwaltungsratspräsident von Wellershoff & Partners, Honorarprofessor an der Universität St. Gallen und regelmässiger Kolumnist der «Handelszeitung».
Natürlich teilen wir auch grosse wirtschaftliche Interessen. 60 Prozent unseres Export- und 50 Prozent unseres Importhandelsvolumens wickeln wir mit Europa ab. Die Folge unserer Handelsüberschüsse ist ein gewaltiges Auslandsvermögen. Unsere «unabhängige» Geldpolitik produziert Geldmarktzinsen, die quasi parallel laufen zu denen im Euro. Kein Wunder, unsere Konjunktur hängt ja direkt an der Konjunktur von Europa.
Die grössten gemeinsamen Interessen finden sich aber in der internationalen Politik. Eine kleine, offene Volkswirtschaft ist darauf angewiesen, dass die Weltwirtschaft und -gesellschaft regelbasiert funktioniert. Die zunehmende Tendenz hin zur Macht des Stärkeren bedroht kein Land in seinem Wohlstand so sehr wie die Schweiz.
Und was machen wir? Wir quaken wie Frösche und lamentieren darüber, wie schlimm Europa ist. Währenddessen wählen und bestimmen andere. Wir schreiben Leitartikel und gefallen uns in einer teils xenophoben, immer aber predigenden Rhetorik.
Wer mitten im Teich sitzt und nur quakt, aber nicht mitredet, hat ein Problem. Wenn dann die Rahmenbedingungen in der internationalen Wirtschaft und Politik ohne uns gemacht werden, werden wir marginalisiert. Der Teich wird, wie der sprichwörtliche Topf, allmählich heisser. Die Fundamentalopposition, sogar gegenüber einer begrenzten Teilhabe am europäischen Projekt, macht parteipolitisch vielleicht Sinn. Sie gefährdet aber unseren Wohlstand. Kann man wollen, muss man aber nicht.
3 Kommentare
Herr Wellershoff, ich habe selten ein Problem ihren Ausführungen und Schlüssen zu folgen. In diesem Artikel haben sie nach meiner Meinung aber einen wichtigen Faktor ausgelassen. Sie schreiben von den Handelsüberschüssen und gewaltigen Auslandvermögen, dies müsste die Schweiz doch viel weniger von den Exporten abhängig machen, man kann entscheiden wo man diese Gelder investiert und gewinnt damit mehr Unabhängigkeit.
Ich verstehe die Argumente teile jedoch die Folge daraus nicht. Ich kann mir beim besten Willen nicht vorstellen, dass die Schweiz in diesem korrumpierten „von-der-Leyen“ Reich ein ernsthaftes Wort mitreden könnte - mitzahlen ja aber mitreden??
Sie bringen's auf den Punkt !