Die USA behalten die Schweizer Währungspolitik und damit die Devisenkäufe der SNB kritisch im Auge und stufen die Schweiz wie auch Vietnam als Währungsmanipulatoren ein.
Die Schweizerische Nationalbank (SNB) wehrt sich gegen die Vorwürfe und will weiter am Devisenmarkt intervenieren.
Der Platz der Schweiz auf der Schwarzen Liste der USA zeichnete sich bereits im Sommer ab. Lesen Sie hier die Einschätzung von Martin Naville dazu, dem Direktor der Handelskammer Schweiz-USA – er nahm im Juli Stellung.
Auch der US-Botschafter Ed McMullen sprach in einem Interview über die Folgen für die Schweiz.
Gemäss dem am Mittwochnachmittag vom US-Schatzamt publizierten Bericht erfüllt die Schweiz neu alle Kriterien, die von der Behörde als Indiz für Währungsmanipulation herangezogen werden.
Die Schweiz habe in der jüngsten Untersuchung, wie auch Vietnam, alle drei Kriterien zur Beurteilung externer Ungleichgewichte im Handel mit den USA und unfairer Währungspraktiken erfüllt, heisst es.
Die US-Behörde werde nun mit beiden Ländern die Konsultationen rund um die Geld- und Währungspolitik vertiefen. Das Ziel der Gespräche sei es, offene Fragen zu den Ungleichgewichten im Aussenhandel anzugehen, schreibt das Treasury weiter.
Erstmals alle Kriterien erfüllt
Seit 2015 nimmt das US-Treasury die Währungspraktiken wichtiger Handelspartner unter die Lupe und will eigentlich im Halbjahrestakt jeweils im April und im Oktober dem US-Kongress einen Bericht dazu vorlegen. Der letzte Bericht stammt jedoch vom Januar 2020.
Damals erfüllte die Schweiz zwei von drei vom US-Treasury aufgestellten Kriterien und landete gemeinsam mit Ländern wie China, Deutschland, Südkorea oder auch Vietnam auf einer Beobachtungsliste. Neu erfüllen die Schweiz und Vietnam erstmals alle drei Kriterien.
Erstes Kriterium: Der Warenhandelsüberschuss
Weiterhin ein Dorn im Auge der US-Behörden ist der Warenhandelsüberschuss der Schweiz mit den USA, der die vom Treasury festgelegte Marke von 20 Milliarden US-Dollar erneut übertroffen hat.
Über vier Quartale per Mitte 2020 habe die Schweiz den Überschuss deutlich auf 49 Milliarden US-Dollar ausgeweitet und liege damit über den Vorgaben, heisst es.
Zweites Kriterium: Die Leistungsbilanz
Beim zweiten Kriterium beleuchten die Amerikaner die Leistungsbilanz eines Landes und stützen sich dabei auf Analysen des Internationalen Währungsfonds (IMF).
Der Leistungsbilanzüberschuss der Schweiz beläuft sich im Vergleich zum Bruttoinlandprodukt (BIP) per Mitte 2020 auf 8,8 Prozent und übertrifft damit den vom Treasury gesetzten Schwellenwert von 2 Prozent weiterhin deutlich.
Drittes Kriterium: Interventionen am Devisenmarkt
Neu erfüllt die Schweiz auch das dritte Kriterium, wo es um die Interventionen der SNB am Devisenmarkt geht. Das Treasury stellt die Devisenkäufe ins Verhältnis zum Schweizer BIP und dabei darf auch hier ein Schwellenwert von 2 Prozent nicht übertroffen werden.
Im laufenden Jahr hat die SNB kräftig an den Devisenmärkten interveniert. Laut eigenen Angaben nahm sie von Januar bis Juni zur Schwächung des Schweizer Frankens 90 Milliarden Franken in die Hand.
Das Treasury schätzt im Bericht, dass sich die Käufe von Juli 2019 bis Juni 2020 auf insgesamt 14 Prozent des BIP belaufen haben.
SNB hält an Devisenmarktinterventionen fest
Die SNB will trotz der Feststellungen des US-Treasury an ihrem Fahrplan in der Geldpolitik festhalten und im Kampf gegen den starken Franken wenn notwendig weiterhin am Devisenmarkt intervenieren.
Man sei weiterhin bereit, angesichts der wirtschaftlichen Lage und des anhaltend hoch bewerteten Frankens «verstärkt» am Devisenmarkt zu intervenieren, teilte die SNB in einer Stellungnahme mit.
«Die Schweiz betreibt keine Währungsmanipulation»
«Die Schweiz betreibt keinerlei Währungsmanipulation», wehrt sich die SNB. Die Devisenmarktinterventionen der SNB hätten nicht das Ziel, Anpassungen in der Zahlungsbilanz zu verhindern oder ungerechtfertigte Wettbewerbsvorteile für die Schweizer Wirtschaft zu erlangen. Sie seien vielmehr notwendig, um angemessene monetäre Bedingungen und dadurch Preisstabilität zu gewährleisten.
Derweil will das Staatssekretariat für internationale Finanzfragen (SIF) laut Aussagen eines Sprechers mit Washington das Gespräch aufnehmen und den Amerikanern erklären, warum die Schweiz wegen ihrer speziellen Situation zwar alle drei Kriterien erfülle, aber keinerlei Währungsmanipulationen betreibe.
Ob die USA Sanktionen gegen die Schweiz verhänge sei noch unklar, so der Sprecher weiter.
(awp/tdr)