Von aussen gesehen fällt es schwer, im Vorgehen von Donald Trump einen vernünftigen Plan zu erkennen. Der massive Einbruch an den Börsen und Kapitalmärkten sowie die berechtigten Ängste vor einer Weltrezession oder sogar einer neuen Finanzkrise als Folge seines Zollkriegs machen es nicht leichter. Dennoch würde es zu kurz greifen, die Entwicklungen allein als Ausfluss der Verrücktheit eines Einzelnen abzutun. Verkannt würde dabei, wie sehr sich die Sichtweise zum Freihandel in den letzten Jahrzehnten gewandelt hat – Protektionismus hat anders als früher wieder einen guten Ruf.

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Der globale Freihandel, wie er sich seit der Gründung der Welthandelsorganisation (WTO) am 1. Januar 1995 entwickelt hat, wurde über die Zeit in den USA immer negativer gesehen. Den Anfang machten linke Globalisierungsgegner, es folgten die Rechten, und etwa seit der Finanzkrise 2008 ist die Ablehnung im US-Mainstream angekommen. Eine Abkehr vom Freihandel hatte sich bereits unter dem Demokraten Barack Obama abgezeichnet. Dennoch war es Trump in seiner ersten Amtszeit, der die schärfsten Angriffe auf das Welthandelssystem lancierte – zum Beispiel durch das Lahmlegen der WTO ab 2019, indem er die Ersatzwahlen ins oberste Schiedsgericht der Organisation blockierte. Doch Joe Biden behielt nicht nur diese Blockade bei, sondern auch die meisten von Trumps Zöllen. Biden lancierte zudem eine Industriepolitik, die mit den Freihandelsidealen ebenso wenig vereinbar ist wie Zölle. Mit einer Pro-Freihandelspolitik sind in den USA heute keine Stimmen mehr zu holen.