Niemand weiss, wie die Präsidentschaftswahlen in den USA ausgehen werden. Nach dem Attentatsversuch und dem Schwung durch den Nominierungsparteitag hat Donald Trump derzeit Rückenwind. Ob der bis zu den Wahlen reicht, ist unsicher. Dennoch kann es nicht schaden, seine wirtschaftspolitischen Pläne zu durchleuchten.
Und dabei leuchten Warnlampen auf. Trump plant, die unter ihm eingeführte Senkung der US-Unternehmenssteuern zu erneuern. Laut dem unabhängigen Haushaltsbüro des US-Kongresses dürfte das die Schulden der USA um weitere fünf Billionen nach oben treiben. Schon jetzt mehren sich die Stimmen, die vor einem unkontrollierten Anschwellen der US-Schulden warnen. Auf Bundesebene betrug die Neuverschuldung im vergangenen Jahr 6,3 Prozent des Bruttoinlandsprodukts. Und 2024 werden die USA laut dem Haushaltsbüro des US-Kongresses über 890 Milliarden Dollar nur für Zinszahlungen ausgeben. Damit übersteigen die Ausgaben des Schuldendienstes zum ersten Mal die Ausgaben für Amerikas gigantische Streitkräfte.
Hohe Schulden münden in hohe Zinsen
Zwar haben die USA mit dem Dollar die Weltwährung, und US-Staatsanleihen sind weltweit das Anker-Investment grosser Investoren. Die USA werden nicht zahlungsunfähig, doch die ausufernden Schulden in Amerika haben das Potenzial, die Weltfinanzmärkte durcheinanderzuwirbeln. Denn die hohen Schulden werden über kurz oder lang in höhere Zinsen münden.
Erste Risse im Vertrauen zeigten sich bereits im Herbst des vergangenen Jahres, als Zweifel an der Schuldtragfähigkeit der USA die Renditen für zehnjährige US-Staatsanleihen zweitweise auf über 5 Prozent haben ansteigen liessen. Das war der höchste Wert seit der globalen Finanzkrise. Die Renditen sind seitdem wieder gefallen, doch die Episode zeigt, dass ein Vertrauensverlust meist eruptiv erfolgt.
Beschneidet Trump die Unabhängigkeit der Notenbank?
Höhere Zinsen in den USA haben aber Folgen für den Rest der Welt. Studien des Internationalen Währungsfonds zeigen, dass ein Anstieg der US-Renditen um 1 Prozentpunkt die Kosten für Schulden in anderen fortgeschrittenen Volkswirtschaften um 0,9 Prozentpunkte nach oben treiben. Höhere Zinsen sind aber Gift für das Wachstum.
Vor diesem Hintergrund beunruhigt zudem, dass es Donald Trump mit der Unabhängigkeit der US-Notenbank nicht so genau zu nehmen scheint. So warnte er Fed-Chef Jerome Powell unverblümt, dass dieser sein Mandat 2026 normal beenden könne, wenn er «das Richtige tue». Heisst: Powell soll von einer Zinssenkung vor den Wahlen im November Abstand nehmen, um der US-Wirtschaft und damit seinem Rivalen Biden keinen Rückenwind zu geben.
Sollte Trump nach einer allfälligen Wahl tatsächlich die Unabhängigkeit der Fed antasten, droht ein Vertrauensverlust in US-Schuldpapiere, mit unabsehbaren Folgen für die globale Finanzstabilität. US-Finanzminister John Connally hatte Recht, als er 1971 sagte: «Der Dollar ist unsere Währung, aber euer Problem.»