Die sich weiter zuspitzende Lage in der Corona-Pandemie hat weitere Einschränkungen des Alltagslebens in mehreren europäischen Ländern zur Folge. Seit Samstag gilt die Ausgangssperre in Frankreich in 54 Départements und dem französischen Überseegebiet Französisch-Polynesien. Damit sind nun 46 Millionen Menschen beziehungsweise zwei Drittel der Einwohnerinnen und Einwohner Frankreichs von der Anti-Corona-Massnahme betroffen.

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Die Einreise von Deutschland nach Dänemark ist seit Mitternacht nur noch mit triftigem Grund erlaubt. Und in Lettland dürfen bei Veranstaltungen in Räumen nur noch maximal zehn Personen zusammenkommen. In Italien kam es unterdessen zu Protesten.

In Neapel gab es Demonstrationen

In der süditalienischen Metropole Neapel sind in der Nacht zum Samstag Hunderte Menschen gegen eine Ausgangssperre und einen geplanten Lockdown für die Region Kampanien auf die Strasse gegangen. Die Demonstranten skandierten Slogans und zogen unter anderem vor den Sitz der Regionalregierung. Sie warfen Feuerwerkskörper und zündeten Rauchbomben, wie die Nachrichtenagentur Ansa berichtete. Die Polizei setzte demnach unter anderem Tränengas gegen die Protestierenden ein.

Zuvor hatte Regionalpräsident Vincenzo De Luca als Reaktion auf schnell steigende Corona-Infektionszahlen Pläne für einen Lockdown angekündigt. In Kampanien waren am Freitag 2280 Neuansteckungen innerhalb eines Tages gemeldet worden, wie De Luca live bei Facebook mitteilte. Am Donnerstag waren es noch 1541 gewesen. Bereits seit Freitag gilt eine Ausgangssperre von 23.00 Uhr bis 5.00 Uhr.

Die offizielle Zahl der Neuinfektionen mit dem Coronavirus in ganz Italien lag am Freitag bei dem Rekordwert von 19 143. Die Zahl der Todesfälle in Verbindung mit einer Covid-19-Erkrankung stieg um 91 auf 37 059.

Rom gibt Schliessungen bekannt

Die Hauptstadtverwaltung in Rom kündigte unterdessen die Schliessung beliebter Treffpunkte an Wochenenden abends an, um Menschenansammlungen zu vermeiden. Freitags und Samstag von 21.00 Uhr bis Mitternacht sollen zentrale Plätze geschlossen bleiben. Ähnliche Massnahmen gibt es bereits in Turin, Genua und Palermo.

Die allgemeine Ausgangsbeschränkung in Frankreich gilt jeden Tag zwischen 21.00 Uhr abends und 6.00 Uhr morgens. Ohne triftigen Grund dürfen sich Menschen in dieser Zeit nicht auf der Strasse aufhalten. Neu ist die Ausgangssperre unter anderem im Département Bas-Rhin mit der Elsass-Metropole Strassburg und auf Korsika. Ausserdem ist fast die gesamte Mittelmeerküste betroffen. Im Grossraum Paris und in acht weiteren Metropolen ist die Ausgangssperre bereits seit einer Woche in Kraft.

Frankreich mit seinen rund 67 Millionen Menschen ist stark von der Coronavirus-Pandemie betroffen - erst am Freitag gab es mit 42 032 Neuinfektionen binnen 24 Stunden wieder einen Rekord. Die Zahl der seit Pandemiebeginn registrierten Corona-Ansteckungen überschritt damit die Millionen-Marke. Im Zusammenhang mit einer Infektion mit dem Coronavirus starben bisher mehr als 34 500 Menschen.

Seit einer Woche gilt erneut der Gesundheitsnotstand, mit dem die Regierung weitgehende Beschränkungen per Dekret durchsetzen kann. Nach Angaben des Europäischen Zentrums für die Prävention und Kontrolle von Krankheiten gab es in Frankreich in den vergangenen 14 Tagen 488,6 Corona-Infektionen pro 100 000 Einwohner. Für Deutschland liegt dieser Wert bei 106,8.

Dänemark hat Deutschland aufgrund der Infektionslage zum Risikoland erklärt. Die Einreise von Deutschland in das Nachbarland im Norden ist daher seit Mitternacht nur noch eingeschränkt möglich. Das bedeutet, dass nur noch einreisen kann, wer etwa Verwandte besuchen möchte, ein Vorstellungsgespräch hat oder zu einer Beerdigung möchte. Auch Berufspendler und Studenten dürfen weiter einreisen. Ausnahmen gelten zudem für die Bewohner Schleswig-Holsteins und für Besitzer eines Ferienhauses im Nachbarland. In Dänemark wurden in den vergangenen 14 Tagen 113,8 Ansteckungen mit dem Coronavirus pro 100 000 Einwohner (Stand 23.10.) verzeichnet.

In der Slowakei haben sich mehrere Abgeordnete mit dem Coronavirus angesteckt. Parlamentspräsident Boris Kollar brach am Freitag eine laufende Sitzung ab und organisierte Corona-Schnelltests für alle anwesenden Abgeordneten. Wie der TV-Nachrichtensender TA3 berichtete, fielen einige der Schnelltests positiv aus. Zuvor hatte der Chef der rechtsextremen Volkspartei Unsere Slowakei LSNS, Marian Kotleba, seinen positiven Befund öffentlich gemacht. Vor seiner eigenen Infektion hatte er die Pandemie in digitalen Medien wiederholt als «Erfindung» bezeichnet, die zur Unterdrückung der Bürger diene.

(sda/tdr)

Covid-19-Experte Marcel Tanner warnt vor Tatenlosigkeit der Schweiz

Epidemiologe und Mitglied der Covid-19-Taskforce des Bundes, Marcel Tanner, hat vor einer weiteren Ausbreitung des Coronavirus in der Schweiz gewarnt. Es zähle nun jeder Tag, sagte er dem «Blick» vom Samstag. Auch in den «Zeitungen der CH-Media» äusserte er sich.

«Wie die Massnahmen greifen, sehen wir ja erst nach zwei Wochen», erklärte Tanner gegenüber dem «Blick» weiter. Die Schweiz müsse die Kontakte rasch beschränken und die Menschen müssten sich weiterhin rigoros an die Grundmassnahmen halten, forderte er. So seien Händewaschen, Abstand halten und das Tragen von Masken eben unerlässlich. «Nach dem Lockdown waren wir damit erfolgreich», betonte er.

Es nütze nichts, neue Richtlinien aufzutürmen, sagte Tanner gegenüber «CH-Media». «Wir haben die drei Vorschriften Hygiene, Distanz und Masken.» Setzten wir noch fünf weitere Massnahmen drauf, «sagen die meisten Menschen, jetzt reicht's».

Menschenansammlungen meiden

Auch Tanner wolle keinen zweiten Lockdown. «Wir wollen nicht, dass die Menschen sich zurückziehen müssen und vereinsamen. Wir wollen, dass die Wirtschaft weiter funktioniert und die Kinder zur Schule gehen», hob er gegenüber dem «Blick» zudem hervor. Aber dafür müsse die Schweiz nunmehr weitere Taten folgen lassen. So sieht Tanner insbesondere die Durchführung von Grossveranstaltungen kritisch.

«Es liegt uns allen fern, Angst zu verbreiten. Wir sagen, wie die Lage ist und mit welchen Massnahmen wir einen schweizweiten Lockdown verhindern können», führte der 67-Jährige im «Blick» weiter aus.

Den rasanten Anstieg bei den Coronavirus-Fällen in der Schweiz erklärt der Experte damit, dass mit dem kalten Wetter die Verlagerung in die Innenräume gekommen sei. «Und dann sind wir über den Sommer halt nachlässiger geworden mit den Grundmassnahmen», kritisierte er. Dies zeige sich etwa daran, dass es viele Infektionen in Familien und durch private Feste gegeben habe.