Grosser Vorsitzender, vielen Dank, dass Sie sich Zeit nehmen für unsere bescheidene Zeitung
Mao Zedong: Gerne. Die Presse hat in meiner Lehre eine wichtige Rolle, denn die Aufgabe der Kunst und der Literatur war bisher stets die Enthüllung.

China hat sich seit Ihrem Tod rasend schnell entwickelt und ist heute eine wirtschaftliche und politische Weltmacht. Wie sind Sie mit Ihren Nachfolgern zufrieden?
Die Dinge der Welt sind kompliziert, sie werden von allen möglichen Faktoren bestimmt. Man muss die Probleme von allen Seiten betrachten und nicht nur von einer einzigen. Als ich 1958 den «Grossen Sprung nach vorn» ausrief, wollten wir China auf schnellstem Weg zur industriellen Grossmacht machen. Aus einem Funken kann ein Steppenbrand werden...

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Sie sprechen den «Grossen Sprung nach vorn» an. Die Kampagne kostete 20 bis 40 Millionen Menschenleben. War dies nicht ein kapitaler Fehlschlag?
Keineswegs. Sie müssen sehen, dass die Revolution kein Festmahl ist, kein literarisches Schaffen und keine Feinstickerei. Die Revolution ist ein Gewaltakt, die Revolution sind erbarmungslose Aktionen einer Klasse, welche die Macht einer anderen Klasse stürzt. Kommunismus ist nicht Liebe. Kommunismus ist der Hammer mit dem wir den Feind zerschmettern.

Die heutigen Machthaber in China sind da weniger revolutionär. Kann man sie überhaupt noch als Kommunisten bezeichnen?
Ich habe immer schon gesagt, dass wer keinen richtigen politischen Standpunkt hat, keine Seele hat. Doch man muss auch die Zeichen der Zeit erkennen. Es ist die gleiche Regel wie beim Bodenkehren – wo der Besen nicht hinkommt wird der Staub nicht von selbst verschwinden. Manche Leute glauben, der Marxismus sei eine Art Zauber, mit dem man jedes Übel heilen kann. Ihnen sollten wir entgegnen, dass ein Dogma weniger Wert hat als ein Kuhfladen. Mit Mist kann man wenigstens düngen.

Was erwarten Sie vom Volkskongress 2014?
Ein Mann, der den Wind der Veränderung spürt, sollte keinen Windschutz sondern eine Windmühle bauen. Um die Waffen abzuschaffen ist es manchmal nötig sie zu ergreifen, denn die Weltgeschichte hat gezeigt: Die politische Macht kommt aus den Gewehrläufen. Die Armee muss mit dem Volk zu einem Ganzen verschmelzen, so dass sie vom Volk als seine Armee angesehen wird. Eine solche Armee wird unbesiegbar sein. Die Revolution darf nicht stillstehen, denn wer sich auf seinen Lorbeeren ausruht, trägt sie zu Unrecht.

Und wie sieht es mit der wirtschaftlichen Entwicklung aus?
Kritik soll zur rechten Zeit erfolgen. Man darf sich nicht angewöhnen, erst dann zu kritisieren, wenn etwas passiert ist. Wir müssen von allen Fachleuten lernen, die Wirtschaft zu handhaben. Wir müssen bei ihnen in die Lehre gehen und von ihnen respektvoll und gewissenhaft lernen. Es ist aber auch notwendig, den Widerspruch zwischen Produktion und Bedarf der Gesellschaft durch staatliche Pläne zu regulieren.

An China wird immer wieder der Mangel an Demokratie und die Verletzung der Menschenrechte kritisiert. Was sagen Sie dazu?
Die demokratische Revolution ist die notwendige Vorbereitung zur sozialistischen Revolution. Hundert Blumen blühen, hundert Denkrichtungen streiten miteinander, dies ist die Politik, die die Entwicklung der Künste und den Fortschritt der Wissenschaft, das Aufblühen der sozialistischen Kultur in unserem Lande vorwärts treibt. Die Verwirklichung der Menschenrechte, echte Gleichberechtigung von Mann und Frau beispielsweise, kann nur innerhalb des Prozesses der sozialistischen Umwandlung der Gesellschaft geschehen.

Alle Antworten dieses fiktiven Gesprächs sind Original-Zitate aus Texten von Mao Zedong.