Für alt Bundesrätin Doris Leuthard führt kein Weg am Rahmenabkommen mit Europa vorbei, auch wenn es durchaus Vorbehalte gegen den Vertrag gebe. «Wir brauchen endlich Stabilität und Rechtssicherheit im Verhältnis mit der EU», ist sie überzeugt. Die ehemalige CVP-Magistratin ist aber zuversichtlich, dass nochmals Gespräche mit der EU möglich sein werden.
Leuthard geht davon aus, dass zuvor noch die Mai-Abstimmung abgewartet wird. «Ich hoffe, dass man bis dahin nicht untätig bleibt, mit den Sozialpartnern zusammensitzt und das Feld mit der neuen Kommission auslotet», erklärt sie. Allgemein warte man in der Schweiz immer etwas lange. «Es wäre besser, man fände vorher unaufgeregt eine eigene Lösung», so Leuthard.
Weiter ist die ehemalige Energieministerin erfreut darüber, wie sich junge Menschen inzwischen vermehrt in die Klimadiskussion einbringen. Sie kritisiert aber, dass die Klimabewegung für Forderungen genutzt werde, die nicht zielführend seien. Viele Veränderungen in der Gesellschaft und der Wirtschaft brauchten Zeit. «Man kann nicht einfach einen Knopf drücken und alles läuft elektrisch», sagt Leuthard. Entscheidend sei aber, dass der Druck der Strasse zu einem Umdenken geführt habe und jetzt das CO2-Gesetz, welches 2017 noch zurückgewiesen wurde, wohl problemlos durchkommen werde.
Zur Kritik an ihrer bevorstehenden Wahl in den Verwaltungsrat von Stadler Rail meint sie: «Bis zu meiner Wahl in den Stadler-Rail- Verwaltungsrat werden über 15 Monate verstrichen sein.» In der Wirtschaft gelte in der Regel eine Wartefrist von sechs Monaten. Und was ihre Nähe zur Bahn-Branche betrifft: Es gäbe zwar einen Berührungspunkt zum Bund, weil der Bund das Bahnnetz ausbaue. Leuthard: «Die Züge werden aber von den Transportfirmen bestellt – mit dem offiziellen Ausschreibungsverfahren der WTO. Der Bundesrat hat null Einfluss darauf.»