Die privaten Vermögen in Europa haben mit insgesamt 56 Billionen Euro im letzten Jahr ein neues Rekordniveau erreicht. Zugenommen haben aber auch die Ungleichgewichte: So besitzen reiche Haushalte einen immer grösseren Teil des gesamten Vermögens.
2013 sind die privaten Vermögen in Europa um 1,7 Prozent gewachsen und haben damit zum ersten Mal den Höchststand von vor der Finanzkrise übertroffen. Die Entwicklung der Vermögen ist jedoch seit der Finanzkrise sehr unterschiedlich verlaufen, wie der erstmals publizierte «Wealth Report Europe» der Privatbank Julius Bär zeigt.
Vermögenszuwachs in der Schweiz
Während in Deutschland, Österreich, Frankreich aber auch in der Schweiz das Gesamtvermögen um bis zu zwei Drittel gewachsen ist, ist es in Grossbritannien, Italien, Spanien und Griechenland zum Teil deutlich geschrumpft.
Das hat auch zu einer verstärkten Konzentration der Vermögen innerhalb Europas geführt. Während in den Kernländern das gesamte private Kapital angewachsen ist, ist es in den Länder der Peripherie gesunken. Zwei Drittel aller europäischen Vermögen liegen heute in Deutschland, Frankreich, Grossbritannien und Italien.
Verteilung in der Schweiz ist besonders ungleich
Unterschiedlich verteilt sind jedoch nicht nur die Vermögen zwischen den einzelnen Ländern, sondern auch zwischen den verschiedenen Bevölkerungsgruppen. So besitzen die reichsten zehn Prozent der europäischen Haushalte mehr als die Hälfte des Gesamtvermögens in Europa. Die höchsten Vermögenskonzentrationen weisen dabei Österreich und Deutschland auf: 40 bzw. 35 Prozent der gesamten Privatvermögen sind im Besitz der reichsten 1-Prozent.
Die zwei Spitzenreiter werden dicht gefolgt von der Schweiz und Zypern. In beiden Ländern konzentrieren sich 33 Prozent des Vermögens auf nur ein Prozent der Bevölkerung. Zu den reichsten 1-Prozent der Schweiz gehört, wer ein Vermögen von mehr als 2.3 Millionen Euro besitzt. Und zu den reichsten zehn Prozent der Schweiz gehört, wer ein Vermögen von mehr als 1.2 Millionen Euro besitzt. Die reichsten zehn Prozent der Schweiz besitzen mehr als die Hälfte des Privatvermögens.
Tiefe Kapitalkonzentration in den Niederlanden
Tiefe Kapitalkonzentrationen sind demgegenüber in Griechenland, den Niederlanden und Slowenien zu finden. Ein Prozent der niederländischen und griechischen Bevölkerung besitzt 13 Prozent des Vermögens, zehn Prozent besitzen rund 40 Prozent des Vermögens.
Um zu den reichsten 1-Prozent der griechischen Bevölkerung zu zählen, braucht man nicht mehr als 570'000 Euro – ungefähr ein Viertel davon, was man in der Schweiz dazu benötigt.
Die Rolle der Erbschaftssteuer
Ein Grund für die unterschiedlichen Konzentrationsraten sind die Differenzen bei der Erbschaftssteuer. Während Österreich, Zypern aber auch die Schweiz Erbschaften kaum oder nur sehr gering besteuern, müssen Erben in Grossbritannien, Spanien und Frankreich bis zu 45 Prozent des vererbten Vermögens an den Staat abliefern.
Der hauptsächliche Treiber der Vermögenskonzentration in Europa seien jedoch nicht Gesetze sondern der Kapitalmarkt, sagte Studienmitautor Robert Ruttmann an der Präsentation in Zürich. «Vermögen haben sich vor allem darum weiter konzentriert, weil die Kapitalrenditen über dem Wirtschafts- und Lohnwachstum liegen.» Geld anzulegen ist demnach profitabler, als zu arbeiten.
Wachstum geht weiter
Dabei mitgeholfen haben laut Ruttmann die Interventionen der Notenbanken. Das billige Geld habe weniger die Wirtschaft, denn die Vermögen wachsen lassen. «Die Geldpolitik der letzten Jahre hat nur teilweise funktioniert.»
Und daran werde sich in absehbarer Zeit auch nichts ändern: «Wenn weiterhin die Kapitalrendite über dem Wirtschaftswachstum liegt, dann wird auch in den nächsten Jahren die Konzentration der Vermögen anhalten», sagte er.
Vermögenskonzentration nimmt zu
Gemäss Studienmitautor Burkhard Varnholt wird das jedoch die europäischen Staaten vor Probleme stellen. Ohne ausgeglichene Vermögensverteilung gebe es nämlich kein nachhaltiges Wirtschaftswachstum. Konkret sagt die Studie ein weiteres Anwachsen der europäischen Vermögen um 40 Prozent bis 2019 voraus.
Die neuen Langzeitdaten weisen überdies darauf hin, dass die Vermögenskonzentration in Europa wieder zunimmt, nachdem im 20. Jahrhundert grosse Teile der europäischen Vermögen durch die zwei Weltkriege und die Grosse Depression von 1929 vernichtet worden waren.
(sda/ise/gku)