Unser Parlament sollte endlich Brauchbares für die Altersvorsorge-, Energie-, Verkehrs-, Europapolitik und so weiter liefern. Stattdessen geht es auf die Einkaufstouristen los und verlangt eine Senkung der Mehrwertsteuer-Freigrenze von 300 auf 50 Franken. Es ist also für freie Zuwanderung von Ausländern in die Schweiz, aber gegen freien Einkauf der Schweizer im Ausland.
Das ist bürgerverachtender Protektionismus. Der angeblich zu schützende Detailhandel ist ein Hauptprofiteur der Zuwanderung. Die Umsatzsteigerung infolge Bevölkerungswachstum ist weit grösser als der Umsatzabfluss durch Einkaufstourismus.
In Wahrheit ist Einkaufstourismus für die Schweiz nur gut. Erstens kaufen die Konsumenten im Ausland oft die gleichen Produkte, die sie sonst in der Schweiz kaufen würden, nur billiger. So sparen sie viel Geld, das sonst grossenteils an die ausländischen Produzenten fliessen würde. Zweitens ist es auch gut, wenn so der Import steigt. Einkaufstourismus ist eine Form von Freihandel.
Die Konsumenten gehen ja nur ins Ausland, weil sie da ein besseres Preis-Leistungs-Verhältnis erhalten. Das ärgert zwar die Schweizer Detailhändler. Aber der Schweizer Wirtschaft insgesamt nützt es.
Durch zusätzliche Importe kommen Franken auf den Devisenmarkt, das senkt den Wechselkurs, und das gibt den Exporteuren bessere Chancen. Je mehr wir importieren, desto mehr können wir exportieren und uns auf das spezialisieren, was wir besonders gut können.
Einkaufstourismus steigert den Wert der Löhne
Drittens senkt günstiger Auslandeinkauf die Lebenshaltungskosten im Inland und steigert so den realen Wert der Löhne. Das steigert die Arbeitsanreize sowie die Wettbewerbsfähigkeit der Schweiz und ihrer Grenzregionen. Viertens profitieren alle Konsumenten von den Einkaufstouristen.
Weil diese sich die hohen Schweizer Preise nicht bieten lassen und nach besseren Alternativen suchen, entsteht Druck auf Produzenten und Detailhändler, die Schweizer Preise zu senken. Fünftens ziehen auch die oft gegen Einkaufstourismus vorgebrachten ökologischen Argumente nicht.
Seine Auswirkungen sind im Vergleich zum Grenzgängerverkehr klein und oft positiv. In vielen Familien ersetzt die grosse zweiwöchige Einkaufsfahrt viele kleine Einkaufsfahrten und andere Wochenendausflüge.
Dass Einkaufstouristen bisher bei der Mehrwertsteuer geschont wurden, ist unschön, aber unproblematisch, da es vor allem um Lebensmittel mit dem tieferen Steuersatz von 2,5 Prozent geht.
Richtig wäre, den Einkaufstouristen eine einfache elektronische Steuer-Selbstdeklaration anzubieten – und sie als volkswirtschaftliche Helden zu feiern.