Mit PWC begleiten Sie als Steuerberaterin Kunden bei ihren Selbstanzeigen und ihrer damit verbundenen Rückkehr in die Steuerehrlichkeit. Wie stark hängt der Schweizer Finanzplatz heute noch am Schwarzgeld?
Bianca Patkòs: Über den Umfang des Schwarzgeldes und dessen Bedeutung für den Finanzplatz als Ganzes oder seine einzelnen Akteure gibt es keine verlässlichen Informationen. Fest steht aber, dass der Paradigmenwechsel am Finanzplatz schon sehr früh begonnen hat.
Nun kommt der automatische Informationsaustausch (AIA), der das Ende des Schweizer Bankgeheimnisses bedeutet. Die OECD drückte bei der Umsetzung in den vergangenen Monaten aufs Gas. Hat das die Beteiligten in der Schweiz überrumpelt?
Bundesbern hat sich an der Ausarbeitung des Standards aktiv beteiligt. Viele für die Schweiz wichtigen Prinzipien, insbesondere die Reziprozität und die Identifikation der wirtschaftlich Berechtigten von juristischen Personen, auch von Trusts und Stiftungen sind im OECD-Regelwerk enthalten. Deshalb ist die Zustimmung der Schweiz eine konsequente Weiterentwicklung der jüngsten Schritte.
Wen trifft der automatische Informationsaustausch besonders?
Die Einführung des AIA ist bei den Banken und Vermögensverwaltern mit umfangreichen und kostenintensiven IT-Projekten verbunden. Die Bewältigung der grossen Datenmengen ist nicht zu unterschätzen. Das dürfte viele Beteiligte vor grosse Herausforderungen stellen.
Hat das Ende des Bankgeheimnisses für den Finanzplatz überhaupt etwas Gutes?
Nun wird ein regulatorisches Umfeld geschaffen, in dem Schwarze Schafe herausfallen. Der AIA ist also im Sinne eines attraktiven Finanzplatzes. Als Weiterentwicklung ihrer Weissgeldstrategie dürften die Schweizer Banken nun eine zügige Umsetzung begrüssen.
Werden viele Vermögensverwalter und Banken wichtige Kunden verlieren?
Mittelabflüsse sind eher bei niedrigeren Depotvermögen zu beobachten. Der überwiegende Teil der vermögenden Kunden zieht nach unserer Wahrnehmung ihr Vermögen in der Schweiz nicht ab, häufig werden sogar neue Gelder aus dem Heimatland zugeführt. Nach wie vor sprechen wichtige Gründe für die Schweiz, woraus sich neue Chancen für den Finanzplatz ergeben: Etwa ist die Sicherheit sehr hoch, oft ist auch die Performance bei der Geldanlage besser.
Die Schweizer Bankiervereinigung gibt sich optimistisch. Wie ist die Stimmung wirklich?
Durch die angestrebte Meldung steuerrelevanter Kundendaten kann sich der Vermögensberater wieder voll und ganz auf sein Kerngeschäft – die Vermögensanlage – konzentrieren und darf sich auf die steuerkonforme Meldung verlassen. Viele Berater sind froh, dass nun endlich Klarheit geschaffen wird und die Planungssicherheit zunimmt. Wir spüren sogar eine gewisse Aufbruchstimmung. In Deutschland etwa wird in den kommenden Jahren ein Vermögen von rund 1,4 Billionen Euro vererbt – das ist natürlich für viele Banken und Vermögensverwalter sehr attraktiv.
Kommt es mit dem AIA nun zu noch mehr Selbstanzeigen im Ausland?
Die jüngsten Zeichen sollten ein Signal für diejenigen Kunden sein, die bislang noch nicht steuerehrlich sind: Es ist höchste Zeit, diesen Weg nun definitiv zu beschreiten.
Wie wichtig ist es, dass andere wichtige Finanzplätze ebenfalls am AIA teilnehmen?
Der AIA kann sich nur dann international etablieren, wenn die Spielregeln für alle Marktteilnehmer die gleichen sind. Singapur, Liechtenstein und Luxemburg gehen den gleichen Weg wie die Schweiz. Hong Kong hat im März ein Informationsaustauschabkommen mit den USA unterschrieben, das möglicherweise die Weiche für den zukünftigen Anschluss an den AIA sein könnte.
Die Schweiz hat eine Übergangszeit bis mindestens 2017. Wie sieht nun der Fahrplan aus?
Die Offenlegungen werden bei den Schweizer Banken aller Voraussicht nach in den nächsten ein bis zwei Jahren abgeschlossen werden. Der AIA muss noch in nationales Recht umgesetzt werden. Auch wenn sich die Schweiz zu einer frühen Umsetzung bekannt hat, braucht die Einführung des AIA die Zustimmung des Parlamentes und im Falle eines Referendums auch die Zustimmung des Schweizer Wahlvolkes.
Werden die Schweizerinnen und Schweizer per Volksentscheid über das Ende des Bankgeheimnisses abstimmen?
Es wird erörtert werden müssen, wie der Standard genau in die Schweizer Gesetzgebung übernommen werden soll. Unterm Strich dürfte in der Schweiz mit der Umsetzung durch den nationalen Gesetzgeber nicht vor 2016 zu rechnen sein.