Im letzten Monat habe ich an dieser Stelle über die Gesetzesvorlage für einen Public Liquidity Backstop (PLB) berichtet, der neuen Bundesgarantie für Nationalbank-Liquiditätshilfen an eine notleidende Grossbank. Nun ist das, was ich als Möglichkeit angetönt hatte, eingetreten: Die Wirtschaftskommission des Ständerats hat einstimmig die Verschiebung der PLB-Vorlage auf später und die Zusammenlegung mit den neuen PUK-Anträgen im Bankengesetz beantragt.

Partner-Inhalte
 
 
 
 
 
 

Das hatte eine gewisse Logik. Man wollte der UBS nicht vorab mit diesem PLB-Vorteil entgegenkommen, bevor andere, weniger beliebte regulatorische Präventivmassnahmen (vorab mehr Eigenmittel, auch Boni-Rückforderungen, Senior-Manager-Verantwortlichkeit etc.) eingeführt sind.

Der Gastautor

Rudolf Strahm ist ehemaliger Preisüberwacher und Ex-SP-Nationalrat.

Nun hat das zuständige Finanzdepartement ein neues Timing unterbreitet, das einem Schachzug zugunsten der Grossbank gleichkommt. Die Verstärkung der Eigenmittel für die UBS soll – entgegen der Ankündigung vor einem Jahr – nun nicht mehr dieses Jahr in der bestehenden Eigenmittel-Verordnung, sondern neu im Bankengesetz verankert werden. Die Verordnung könnte, wie bisher, vom Bundesrat geändert werden, das Gesetz jedoch nur vom Parlament mit anschliessender Referendumsmöglichkeit.

Diese Anhebung der Gesetzesstufe kommt prima vista plausibel daher. Doch wer den gesetzgeberischen Meccano durchschaut, erkennt dahinter einen doppelten Schachzug: Nun spielen der Zeitfaktor und der Lobbymechanismus.

Der Zeitfaktor: Bundesrätin Karin Keller-Sutter hatte im Frühjahr 2024 die Verschärfung der Eigenmittelverordnung für die Auslandstöchter der UBS auf Frühjahr 2025 angekündigt. Weil die ausländischen UBS-Töchter nach der CS-Übernahme massiv unterkapitalisiert sind (sogenannte Filter), müsste die fusionierte Grossbank mit dieser Verordnung schrittweise 15 bis 25 Milliarden Franken neue Eigenmittel beschaffen. 

Mit der Gesetzesstufe verzögert sich das Timing markant. Frühsommer 2025: Bekanntgabe von sogenannten Eckwerten, die unverbindlich sind. Ab Ende 2025: Vernehmlassung. Ende 2026: Botschaft ans Parlament. 2027/2028: parlamentarische Beratung. Früheste Inkraftsetzung: 2029. Die UBS gewinnt damit drei bis vier Jahre Aufschub bei den Eigenmitteln.

Dazu spielt nun der Lobbyfaktor: Schon heute findet ein offenes Powerplay seitens der UBS gegen die Eigenmittelerhöhungsabsichten des Bundesrats statt. Da werden Zeitungschefs und Wirtschaftsredaktoren zu «Hintergrundinformationen» eingeladen, da werden Parlamentarier im Einzelabrieb ins Gebet genommen. Die NZZ-Wirtschaftsredaktion wie auch banknahe Nationalräte – sie hatten nach dem CS-Crash härteste Anforderungen an die UBS formuliert – sind schon gekippt. In der Zwischenzeit wird sich der Lobbyfaktor auswirken. Und Karin Keller-Sutter wird dann die Verantwortung dem Parlament zuschieben. 

Dieses Unterlaufen der bundesrätlichen Strenge kommt der UBS entgegen. Sie hat nämlich ihren Aktionären öffentlich ein Aktienrückkaufsprogramm angekündigt, zunächst für 3 Milliarden, später weitere Tranchen, um den Aktionärswert künstlich zu stützen.

Aktienrückkäufe heissen nichts anderes als weniger Eigenkapital, weniger Stabilität und zweifellos mehr Risikobereitschaft dank «Moral Hazard» – mit mehr teuren Staatsgarantien für die Grossbank!