EZB-Chef Mario Draghi will angesichts der Kritik aus Deutschland seine Euro-Strategie im Bundestag erklären. Der Italiener will damit um Verständnis auch für den umstrittenen unbegrenzten Ankauf von Staatsanleihen werben.

«Sollte mich der Bundestag einladen, komme ich gerne», sagte er der «Süddeutschen Zeitung». «Das wäre eine gute Gelegenheit zu erklären, was wir tun.» Zu einer Rede vor dem gesamten Plenum wird es aber nicht kommen. Stattdessen haben der Haushalts- und der Europaausschuss Draghi eingeladen. Einen Termin gibt es noch nicht.

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Die Europäische Zentralbank (EZB) hatte angekündigt, notfalls unbegrenzt Staatsanleihen aus Krisenstaaten aufzukaufen, um so die Zinskosten und Schuldenlast zu reduzieren. Die Staaten müssen aber Hilfen bei den Rettungsfonds beantragen und Auflagen erfüllen.

Bundesbankpräsident Jens Weidmann kritisiert das Programm. Nach Umfragen misstraut fast die Hälfte der Deutschen dem EZB-Präsidenten. Dies erschwere seine Arbeit, sagte Draghi der «SZ». «Ich muss mehr tun, um unsere Massnahmen zu erklären», räumte er ein.

Schäubles Vertrauen in die EZB

Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) zeigte sich überzeugt, dass die EZB im Rahmen ihre Mandats handelt und keine Staatenfinanzierung vornimmt. Die Zentralbank handele unabhängig. «Ich habe Vertrauen in die EZB», sagte Schäuble im Deutschlandfunk. Er verteidigte die Ankündigung unbegrenzter Anleihekäufe: «Würde sie eine Summe nennen, wäre es eine Einladung an die Spekulanten dagegen zu spekulieren.»

Draghi sieht bereits positive Ergebnisse. Bei den Beratungen der Euro-Finanzminister in Nikosia sagte er am Freitag, die Entscheidung habe aber nicht allein zur aktuellen Beruhigung der Lage beigetragen. Es sei die Kombination aller getroffenen Massnahmen gewesen, die einen positiven Effekt auf die Finanzmärkte gehabt habe.

Auf die Frage, wie viel Zeit die Eurozone damit gewonnen habe, sagte Draghi: «Das müssen Sie die Märkte fragen.» Die Euro-Schuldenkrise ist nach seinen Worten noch lange nicht durchgestanden. «Wir haben erste Anzeichen einer normalen Situation, aber wir haben noch einen langen Weg zu gehen.»

Gegen Rede im Plenum

Bundestagspräsident Norbert Lammert (CDU) dankte Draghi für sein Angebot. Er werde sich bemühen, bald ein geeignetes Format für das Gespräch mit «besonders interessierten und beteiligten Abgeordneten» zu finden. Die Unionsfraktion lehnte eine Rede im Plenum ab. Ein grosser Auftritt im Plenum wäre nicht angezeigt, weil dieser leicht dahingehend missverstanden werden könnte, dass die Zentralbank in eine Abhängigkeit von der Politik rückt», erklärte ein Sprecher.

«Gegen Gespräche mit den zuständigen Fachausschüssen wäre aber nichts einzuwenden.» Die jüngsten Beschlüsse gingen an die Grenze des EZB-Statuts, sagte der Sprecher weiter. FDP-Haushaltsexperte Otto Fricke erklärte: «Ich wünsche mir klarstellende Worte, die die Inflationsängste der Bürger nehmen und deutlich machen, dass die EZB in der guten Tradition der Bundesbank steht.»

Draghi ging auf den Angriff von CSU-Generalsekretär Alexander Dobrindt ein, der ihn einen Falschmünzer genannt hatte. «Ich denke, Dobrindt wird seine Meinung ändern, wenn er die Ergebnisse sieht.» Weltweit nehme das Vertrauen in den Euro zu. «Fondsmanager bringen ihr Geld zurück nach Europa, das ist gut für die Wirtschaft.»

Im «Münchner Merkur» sagte Dobrindt: «Das Bundesverfassungsgericht hat klar gesagt, dass eine Staatsfinanzierung über die Notenpresse in Europa nicht stattfinden darf. Ich gehe davon aus, dass Herr Draghi diesen Fingerzeig des höchsten deutschen Gerichts sehr ernst nehmen wird.»

Schriftliche Zusicherung an Berlin

Nach der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zum Rettungsschirm ESM hat die Eurogruppe Berlin schriftliche Zusicherungen gemacht, um die nationale Billigung des ESM-Vertrags abzusichern. Eine entsprechende Erklärung solle in den nächsten Tagen veröffentlicht werden, kündigte Eurogruppenchef Jean-Claude Juncker in Nikosia an. Er bekräftigte, dass der ESM am 8. Oktober starten und Ende Oktober voll einsatzfähig sein soll.

Das Verfassungsgericht hatte verlangt, dass die Haftungsgrenze Deutschlands beim ESM von 190 Milliarden Euro auch völkerrechtlich abgesichert wird. Laut Bundesregierung sind die Umsetzung und Gespräche mit den Partnern auf gutem Weg. Dies sei eine Sache von Tagen, hiess es beim Auswärtigen Amt. Das Finanzministerium ist zuversichtlich, dass die Umsetzung schnell abgeschlossen wird.

(vst/chb/awp)