Der russische Gasriese Gazprom macht höhere Gewalt für die deutlich verminderten Lieferungen an den größten deutschen Gas-Importeur Uniper geltend. Er könnte sich damit vor Klagen schützen wollen. Uniper wies den Anspruch Gazproms umgehend zurück. Der Düsseldorfer Konzern ist durch fehlende Lieferungen aus Russland in eine bedrohliche Schieflage gerutscht, das Geld könnte bald knapp werden. Uniper schöpfte bereits einen milliardenschweren Kredit der staatseigenen Förderbank KfW aus und will nun eine höhere Kreditlinie.

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Gazprom macht in einem Schreiben, das an mindestens einen seiner großen Abnehmer in Europa ging und vom 14. Juli datiert ist, rückwirkend vom 14. Juni an höhere Gewalt («Force Majeure») für geminderte Lieferungen verantwortlich. Gazprom könnte damit versuchen, sich vor empfindlichen Klagen auf Schadenersatz zu schützen. Der Brief schürt indes die Sorgen um ein gänzliches Ausbleiben russischer Gas-Lieferungen in Europa und könnte die Spannungen mit dem Westen nach dem russischen Einmarsch in der Ukraine weiter anheizen.

Pipeline Nord Stream 1 aktuell unterbrochen

Gazprom könne seinen vertraglich festgelegten Liefer-Verpflichtungen aufgrund aussergewöhnlicher Umstände nicht nachkommen, hiess es in dem Schreiben weiter. In Branchenkreisen hiess es, der Brief betreffe Lieferungen durch die Pipeline Nord Stream 1, die für die Bundesrepublik entscheidend sind. Der Gas-Fluss durch die Ostsee-Röhre ist aktuell wegen Wartungsarbeiten unterbrochen.

Experten rätseln, ob und wann er wieder aufgenommen wird. Gazprom hatte die Lieferungen durch Nord Stream 1 bereits am 14. Juni reduziert und dafür die Wartung einer Turbine in Kanada verantwortlich gemacht - diese ist nach einem russischen Zeitungsbericht aber wieder auf dem Weg nach Europa.

«Uniper zahlt den Preis für die Lieferausfälle»

Der deutsche Gazprom-Kunde Uniper sieht sich durch die fehlenden Lieferungen zu «Notmassnahmen» gezwungen, erklärte Konzernchef Klaus-Dieter Maubach. «Uniper zahlt derzeit den Preis für die Lieferausfälle in der deutschen Gasversorgung aufgrund gekürzter Lieferungen aus Russland», beklagte er.

Erst wenn die Lieferkürzungen aus Russland beendet würden oder die Bundesregierung zur Rettung einspringe, «werden wir eine Kettenreaktion in der Gaslieferkette auch zukünftig verhindern können». Zu den Gas-Kunden des Versorgers gehören auch zahlreiche Stadtwerke.

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Der mehrheitlich zur finnischen Fortum gehörende grösste deutsche Gas-Importeur ist in die Krise geraten, weil Russland die Gaslieferungen nach Deutschland und Westeuropa gekürzt hat und die Preise auf dem Gasmarkt enorm gestiegen sind. Der Konzern muss am teuren Spotmarkt zukaufen, um die Verpflichtungen gegenüber seinen Kunden zu erfüllen und macht damit hohe Verluste.

Mauchbach zufolge könnten diese sich im Gesamtjahr bei einer unveränderten Lage auf rund zehn Milliarden Euro belaufen. Uniper hatte die Bundesregierung um Hilfe gebeten, aktuell laufen Gespräche über eine Rettung mit staatlicher Hilfe.

Rettungspaket für Uniper noch in dieser Woche?

Uniper hat dazu ein Massnahmenbündel vorgelegt, das unter anderem darauf abzielt, dass der Konzern mit Hilfe des Bundes die hohen Gaspreise an seine Kunden weiterreichen kann. Zudem strebt Uniper eine Beteiligung des Staates an und will eine höhere Kreditlinie der KfW. Wie eine Lösung aber genau aussehen kann und welche Rolle dabei Fortum spielen soll, ist noch unklar. Dazu laufen Gespräche auch mit der finnischen Regierung. Einem Bericht des «Handelsblatt» zufolge sollen zumindest die Eckpunkte für ein Rettungspaket in dieser Woche stehen.

(reuters/gku)