In Frankreich steht am Sonntag eine Richtungswahl über den weiteren Kurs des EU-Gründungsmitglieds an: Die Wähler müssen in der Stichwahl um die Präsidentschaft zwischen dem Pro-Europäer Emmanuel Macron im Elysee-Palast und der EU-skeptischen Rivalin Marine Le Pen entscheiden, die auch aus der Rüstungskooperation mit Deutschland aussteigen will.

Hier die weitgehend konträren Positionen der beiden Bewerber um das höchste Staatsamt in Frankreich, die sich am Mittwochabend in einem TV-Duell einen heftigen Schlagabtausch lieferten:

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Was Le Pen und Macron zu Wirtschaft und Steuern sagen:

Le Pen: Sie propagiert eine protektionistische Linie unter dem Schlagwort: «Wirtschaftlicher Patriotismus». Dies soll auch Richtschnur für öffentlichen Ausschreibungen sein. Berufstätige unter 30 Jahren sollen keine Einkommenssteuern mehr zahlen müssen. Die Mehrwertsteuer auf Energie soll auf 5,5 von 20 Prozent sinken. Das Renteneintrittsalter soll für diejenigen auf 60 Jahre sinken, die mit unter 20 Jahren zu arbeiten begonnen habe

Macron: Frankreich soll als erstes Industrieland aus den Energieträgern Gas, Öl und Kohle aussteigen und zugleich die Nutzung der Atomkraft verstärken - zudem Ausbau der Wind- und Solarenergie. Er plant die Anhebung des Mindestrentenalters von 62 auf 65 Jahre. Macron verspricht zudem einige Sozialleistungen von einer 15- bis 20-stündigen Ausbildung abhängig zu machen, ähnlich wie in Ländern wie den USA oder Großbritannien.

Zuschauer fanden Macron im TV überzeugender

Einer Umfrage zufolge ist Frankreichs Präsident Emmanuel Macron als Sieger aus der TV-Debatte mit seiner rechten Kontrahentin Marine Le Pen hervorgegangen. Etwa zwei von drei Zuschauern gaben in der Befragung des Instituts Elabe am Mittwochabend an, der liberale Staatschef sei überzeugender gewesen. Insgesamt wurden dafür nach Schluss der mehr als zweieinhalbstündigen Debatte 650 Menschen befragt, die das Duell verfolgt hatten.

In der TV-Debatte am Mittwoch diskutierten Macron und Le Pen über acht Themenkomplexe. Unter anderem ging es dabei um das in Frankreich zentrale Thema der Kaufkraft sowie um Europa und den Krieg in der Ukraine. Macron und Le Pen stehen sich am Sonntag in der Stichwahl um die französische Präsidentschaft gegenüber. Umfragen sehen Macron mit etwa 55 Prozent vorne. (SDA)

Was Le Pen und Macron zu Europa sagen:

Le Pen: Frühere Pläne, aus dem Euro auszusteigen und die Schulden Frankreichs in neu geschaffenen Francs zu bezahlen, hat sie aufgegeben. Nun verspricht sie, die französischen Zahlungen in die Kassen der Europäischen Union zu senken. Ein solcher Schritt würde Frankreich auf Kollisionskurs mit der EU-Kommission und anderen EU-Mitgliedern bringen.

Sie besteht zudem darauf, dass französisches Recht Vorrang vor den EU-Regeln haben soll. Die EU soll durch ein «Europa der Nationen» ersetzt werden: Es gelte, sich aus der «Zwangsjacke» Brüssels zu befreien.

Sie will auch Tausende Zollbeamte einstellen. Diese sollen Waren bei der Einreise nach Frankreich kontrollieren, und zwar auch die aus anderen EU-Ländern. Angeblich soll damit Betrug bekämpft werden. Analysten meinen, dies würde den EU-Binnenmarkt untergraben.

Macron: Der glühende Europäer würde sich weiterhin für eine «strategische Autonomie» Europas in den Bereichen Verteidigung, Technologie, Landwirtschaft und Energie einsetzen und die Abhängigkeit der EU von anderen Mächten verringern.

Er dürfte auch auf eine stärkere Regulierung der US-Tech-Giganten dringen. Er hat angekündigt, ein «europäisches Metaversum» schaffen zu wollen, um mit dem von Facebook zu konkurrieren.

Was Le Pen und Macron zum westlichen Bündnis sagen:

Le Pen: Sie will Frankreich aus der Kommandostruktur des transatlantischen Militärbündnisses Nato herauslösen. Das würde die westliche Sicherheitsarchitektur, die nach dem Kalten Krieg etabliert wurde, infrage stellen. Ihre Gegner werfen ihr vor, der Führung in Moskau zu nahe zu stehen. Ihre Partei erhielt 2014 einen Kredit von einer russischen Bank. Kurz vor den Wahlen 2017 wurde sie vom russischen Präsidenten Wladimir Putin im Kreml empfangen. Sie hat den Einmarsch Russlands in die Ukraine allerdings verurteilt. Falls der Krieg beendet ist und ein Friedensvertrag steht, will sie sich für eine Annäherung der Nato an Russland einsetzen.

In einem Interview mit der Nachrichtenagentur Reuters sagte Le Pen, sie werde eine Aussenpolitik mit gleicher Distanz zu Washington und Moskau verfolgen. Sie plant zudem den Ausstieg aus gemeinsamen Rüstungsvorhaben mit Deutschland und wirft Macron «Blindheit gegenüber Berlin» vor

Macron: 2019 sorgte er im gesamten transatlantischen Bündnis und insbesondere in Osteuropa und Deutschland für Aufregung, als er die Nato als «hirntot» bezeichnete. Der russische Einmarsch in der Ukraine habe diese aber «wieder zum Leben erweckt», sagt er nun. Nichtsdestotrotz dürfte er versuchen, die Europäer in Sachen Sicherheit weniger abhängig vom US-Militär zu machen. Die französische Armee soll modernisiert und der Verteidigungshaushalt kräftig aufgestockt werden. 

(tim/Reuters)