Am heutigen Freitag findet in der Schweiz der Frauenstreik statt. Der Kampftag für die Gleichstellung der Geschlechter ist dezentral organisiert und geht an vielen Orten mit mannigfaltigen Aktionen über die Bühne. Seit Mitternacht gab es bereits erste Aktionen.
Landauf landab hatten sich in den vergangenen Tagen und Wochen zahllose Frauen auf den zweiten nationalen Frauentag nach 1991 vorbereitet. Sie mobilisierten ihre Kräfte und malten Plakate sowie Transparente. Und auch das Wetter dürfte den Frauen in die Hände spielen, sind doch für Freitag sommerliche Temperaturen und nur wenig Regen angesagt.
Im Gegensatz zum ersten Streik vor 28 Jahren wird der Frauenstreik am 14. Juni diesmal von regionalen Kollektiven und nicht zentral von den Gewerkschaften angeführt. Der Schweizerische Gewerkschaftsbund (SGB) hat daher diesmal auch keinen richtigen Überblick, was am Freitag alles passieren wird. Aber er war im Vorfeld guter Dinge. Man habe viel Streikmaterial verschickt und die Fahnen seien auch ausverkauft.
Bezüglich der zahlenmässigen Beteiligung will sich der SGB im Vorfeld des Grossanlasses nicht festlegen. 1991 machte eine halbe Million Frauen mit. Das Motto damals lautete: «Wenn Frau will, steht alles still.» 2019 heisst das Motto: «Lohn. Zeit. Respekt.»
Streiktag landesweit voll im Gang
In der Nacht auf Freitag gab es bereits erste Aktionen. So teilte die Unia in einer Medieninformation mit, als Auftakt das höchste Haus der Schweiz, den Roche-Turm in Basel, mit dem Logo des Streiktages angestrahlt zu haben.
In Lausanne trafen sich in den frühen Morgenstunden zum Auftakt rund 500 Frauen, die auf die Anliegen des weiblichen Geschlechts mit Transparenten aufmerksam machten. Und auch Zeitungen zogen mit besonderen Aktionen mit. So erschien etwa der «Bote der Urschweiz» am heutigen Freitag als «Botín der Urschweiz».
Bundesrätin Simonetta Sommaruga bedauerte zudem in einem Interview mit der «Schweizer Illustrierten» vom Freitag, dass in der Schweizer Arbeitswelt etwa das Thema Vaterschaft überhaupt nicht stattfände. Gleichzeitig schwärmte die Politikerin von Schweden, wo es eine Elternzeit von 16 Monaten gibt. Streiken wolle Sommaruga am heutigen Frauenstreiktag aber nicht, denn sonst würden die Männer an der heutigen Bundesratssitzung über die Frauen bestimmen, betonte sie.
Um 11 Uhr soll kurz nichts mehr gehen
Die landesweite Arbeitsniederlegungen sind für Freitagmorgen um 11 Uhr geplant. Auch der Nationalrat will dann seine Session für diese Streikpause von einer Viertelstunde unterbrechen, um seine Solidarität zu bekunden. 11 Uhr ist exakt die Zeit, während welcher gemäss dem Aufruf von VPOD und Unia in der Schweiz alles stillstehen soll, weil die Frauen ihren Arbeitsplatz verlassen und sich «mit viel Lärm» sicht- und hörbar machen.
Um genau 15.24 Uhr soll dann die letzte Frau, die nicht ohnehin schon streikte, ihren Arbeitsplatz verlassen haben. Gemäss Statistik arbeitet sie ab diesem Zeitpunkt gratis, weil sie laut den Gewerkschaften bis zu 20 Prozent weniger verdiene als ihre männlichen Kollegen.
Höhepunkte am späten Nachmittag
Die Höhepunkte des Tages mit Grosskundgebungen sollen am späten Nachmittag stattfinden. In Zürich startet laut den Organisatoren der Demozug durch die Stadt um 17 Uhr. Das Zentrum der Proteste in Bern ist der Bundesplatz. Dort geht das Programm um 15 Uhr los. Überall in der Schweiz wird es laut SGB auch Streiks, Arbeitsniederlegungen und verlängerte Pausen in Betrieben und Institutionen geben.
Riesig ist der Strauss der Forderungen an diesem nationalen Kampftag für gleiche Rechte. Die Schwerpunkte sind gleicher Lohn für gleiche Arbeit, mehr Teilzeitarbeitsmodelle für Frauen und Männer zur besseren Vereinbarkeit von Familie und Beruf sowie keinerlei Toleranz für sexuelle Gewalt.
Vier Künstlerinnen aus Basel haben zudem eine «Hymne für den Schweizerischen Frauenstreiktag» komponiert und auf Youtube gestellt. Und ein Frauenstreik-Radio berichtet auf UKW, DAB+ und online aus allen Landesteilen.
(sda/tdr)