Hashim Thaci ist zum Präsidenten jenes Staates gewählt worden, für dessen Unabhängigkeit er Ende der 1990er Jahre zu den Waffen gegriffen hatte: Nun ist er der oberste Kosovare, das Parlament hat ihn zum Präsidenten gewählt.
Thaci wurde 1968 im Dorf Buroja bei Skenderaj geboren. Er studierte Geschichte an der Universität von Pristina, bevor er 1992 die Heimat verliess und sich in der Schweiz niederliess.
Verhandlungsleiter in Kosovo-Krise
Ein Jahr später gründete er in der Schweiz die Kosovo-Befreiungsarmee (UCK) mit. Diese trat für die Unabhängigkeit der mehrheitlich von Albanern bewohnten damaligen südserbischen Provinz ein. In Serbien wurde er 1997 in Abwesenheit zu zehn Jahren Haft wegen terroristischer Aktivitäten verurteilt.
Einer breiteren Öffentlichkeit wurde Thaci im Jahr 1999 bekannt, als er bei den gescheiterten Verhandlungen zur Lösung der Kosovo-Krise im Februar und März im französischen Rambouillet die kosovo-albanische Delegation leitete.
Nach den Nato-Luftangriffen auf die damalige Bundesrepublik Jugoslawien und dem Rückzug der serbischen Sicherheitskräfte aus dem Kosovo im Juni 1999 war Thaci mehrere Monate lang erster Regierungschef in der von den Vereinten Nationen verwalteten Provinz. Im selben Jahr gründete er die Demokratische Partei (PDK), in welche politische Strukturen der UCK eingebunden wurden.
Regulär zum Ministerpräsidenten des Kosovo gewählt wurde Thaci Anfang 2008. Am 17. Februar 2008 führte er den Kosovo in die Unabhängigkeit, mittels einer mit den westlichen Staaten abgesprochenen einseitigen Unabhängigkeitserklärung.
Bei den Parlamentswahlen Ende 2010 wurde er im Amt bestätigt. Seit Ende 2014 war Thaci in der Regierung des Ministerpräsidenten Isa Mustafa als Aussenminister tätig.
Nordkosovo als Zankapfel
Im Jahre 2013 einigte sich der damalige Premier Thaci in Brüssel mit seinem Belgrader «Erzfeind» und Amtskollegen Ivica Dacic hinsichtlich der Eingliederung des von Serben bewohnten Nordkosovo in den kosovarischen Staat.
Die «historische Vereinbarung» wurde bis dato noch nicht umgesetzt und stellt den Hintergrund der seit Monaten anhaltenden Oppositionsproteste dar. Die Opposition will ihre Umsetzung verhindern.
Schwere Vorwürfe
Kritiker Thacis haben seine Bemühungen, neuer Staatschef des Kosovo zu werden, auch als Versuch gedeutet, sich dem heuer zu bildenden Kriegsverbrechergericht zu entziehen. Dieses soll sich mit Kriegsverbrechen befassen, die von UCK in der Zeitspanne 1998-2000 verübt wurden. So hatte der Schweizer Ex-Staatsanwalt Dick Marty der UCK schwerste Verbrechen angelastet - etwa auch illegaler Organhandel mit Kriegsgefangenen.
(sda/chb)