IWF-Chefin Christine Lagarde sitzt wegen einer umstrittenen Millionenzahlung aus ihrer Zeit als französische Finanzministerin auf der Anklagebank. «Ich habe nicht die Absicht, zu schweigen», sagte Lagarde zum Auftakt des Prozesses am Montag.

Der 60-Jährigen wird Fahrlässigkeit im Amt vorgeworfen, sie soll durch nachlässiges Handeln die Veruntreuung öffentlicher Gelder ermöglicht haben. Bei einer Verurteilung drohen ihr bis zu ein Jahr Haft und 15'000 Euro Strafe. Sie würde auch die Frage aufwerfen, ob sie an der Spitze des Internationalen Währungsfonds (IWF) bleiben kann.

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Andere Ermittlungen abwarten

Lagardes Anwalt Patrick Maisonneuve beantragte allerdings, den Prozess auszusetzen. Er argumentierte, dass erst laufende Betrugsermittlungen gegen mehrere andere Beteiligte abgewartet werden müssten. Vorher sei nicht klar, ob tatsächlich öffentliche Mittel veruntreut wurden.

Er habe Lagarde erst von diesem Antrag überzeugen müssen, sagte Maisonneuve. «Sie wünschte, Punkt für Punkt auf die Fragen zu antworten.» Das Gericht zog sich anschliessend zurück, um über den Antrag zu beraten.

Entschädigung für Tapie

Lagarde hatte 2007 grünes Licht für ein Schiedsverfahren gegeben, das dem Geschäftsmann Bernard Tapie mehr als 400 Millionen Euro zusprach. Inzwischen ermittelt die Justiz wegen Betrugsverdachts gegen mehrere Beteiligte. Es soll Verbindungen zwischen Tapie und einem der Schiedsmänner gegeben haben.

Hintergrund ist ein Rechtsstreit, der in den 1990er Jahren begann: Der Geschäftsmann Tapie hatte sich beim Verkauf seiner Anteile am deutschen Sportartikelhersteller Adidas von der früheren Staatsbank Crédit Lyonnais geprellt gesehen.

Er und die Verwalter seiner damals insolventen Unternehmensgruppe zogen vor Gericht, schliesslich verständigte man sich auf das Schiedsverfahren. Die hohe Entschädigung sorgte für viel Kritik und wurde inzwischen von Gerichten aufgehoben.

Ohne Vorsatz

Lagarde hatte dem Schiedsverfahren zugestimmt und später auch auf einen Einspruch verzichtet, nach Ansicht der Anklage vorschnell und ohne sich ausreichend mit der Materie auseinandergesetzt zu haben. Sie selbst hat die Vorwürfe stets zurückgewiesen.

Vor dem Prozess beteuerte Lagarde in einem Interview des Senders France 2, sie habe Tapie nicht bevorzugt. «Fahrlässigkeit ist ein Delikt ohne Vorsatz», sagte die IWF-Chefin. «Ich denke, ich habe versucht, meine ganze Arbeit zu machen, so gut wie möglich, in den Grenzen dessen was ich wusste.»

Nach Angaben aus IWF-Kreisen gibt es keine Vorschrift, nach der Lagarde im Fall einer Verurteilung zwingend ihr Amt aufgeben müsste. Ihre Glaubwürdigkeit wäre aber erschüttert. «Im unwahrscheinlichen Fall eines Schuldspruchs müsste der Exekutivrat entscheiden, was zu tun ist», hiess es in Washington.

Gericht extra für Minister

Für den Prozess sind sieben Tage bis zum 20. Dezember angesetzt. Verhandelt wird vor dem Gerichtshof der Republik, einem Spezialgericht, das nur für Rechtsverstösse von Ministern im Rahmen ihre Amtes zuständig ist. Es besteht aus drei Berufsrichter und zwölf Parlamentarier.

Lagarde war 2007 vom damaligen Präsidenten Nicolas Sarkozy zur Wirtschafts- und Finanzministerin ernannt worden. 2011 wechselte sie nach dem Rücktritt ihres Landsmanns Dominique Strauss-Kahn als IWF-Chef nach Washington.

(sda/jfr/gku)