Das letzte Hemd hat bekanntlich keine Taschen. Doch statt den Nachkommen ein kleines Vermögen zu hinterlassen, erben Schweizer von ihren verstorbenen Angehörigen immer häufiger einen Schuldenberg. Das zeigt sich in der neuen amtlichen Statistik der Konkursverfahren für 2013. Der Anstieg bei den Privatkonkursen um 3,9 Prozent auf 12'470 sei auf ausgeschlagene Erbschaften zurückzuführen, so das Bundesamt für Statistik.
Stirbt ein Mensch, wird die Vermögenssituation vom Erbschaftsamt zusammen mit den Hinterbliebenen analysiert. Danach werden mögliche testamentarische Wünsche berücksichtigt. In den vergangenen vier Jahren verzichten nun immer mehr Angehörige auf ihr Erbe. «Diesen Trend beobachten wir auch», sagt Hansruedi Glanzmann vom Teilungsamt der Stadt Luzern. Wurden 2010 schweizweit noch 4494 Vermächtnisse ausgeschlagen, waren es 2013 schon 5080. Eine Zunahme um 13 Prozent.
Solidarität in urbanen Gebieten nimmt ab
Erbverzicht ist regional unterschiedlich häufig zu beobachten. Im Mittelland wurde 2013 ein Anstieg von 22 Prozent und in der Zentralschweiz gar eine Zunahme um 29 Prozent verzeichnet. In der Stadt Luzern waren die Zuwachsraten noch extremer. Kamen 2011 auf 780 Todesfälle 56 Erbverzichte, waren es 2013 schon 77 Verzichte bei 774, wie das städtische Teilungsamt erklärt. Das entspricht einer Zunahme von 38 Prozent in drei Jahren.
Der Leiter des Teilungsamtes in Luzern führt diese Tendenz auf gesellschaftliche Veränderungen zurück und eine verringerte Bereitschaft für Schulden von verstorbenen Verwandten aufzukommen. Auch der Kanton Zürich hat laut Auskunft der Finanzdirektion von 2012 auf 2013 eine Verdoppelung der Fälle von Erbausschlagungen registriert. Im laufenden Jahr halte die Tendenz an, heisst es gegenüber handelszeitung.ch.
Abgelehnt ist abgelehnt
Schlägt jemand eine Erbschaft aus, muss er auf alles verzichten. Hatte der Verstorbene eine schöne Uhr besessen oder ein besonderes Gemälde - den Angehörigen bleiben dann keine Andenken. Die Wohnung der verstorbenen Person wird versiegelt und Gegenstände wie Schmuck, Bilder oder Möbel dem Konkursamt zugeführt. Ob die Hinterbliebenen jedoch Wertgegenstände schon vor dem Versiegeln von Wohnungen entfernt und der Konkursmasse entzogen haben, lässt sich oft nicht eruieren.