Die Wahlen in den USA sind entschieden. Donald Trump hat sie deutlicher als erwartet für sich entschieden. Und am Mittwochmorgen ist die Wahrscheinlichkeit hoch, dass Trumps Republikaner auch die beiden Kammern des Kongresses beherrschen werden. Im Senat haben sie die Mehrheit bereits errungen, im Repräsentantenhaus dürften sie ebenfalls erneut gewinnen. Das bedeutet: Es gibt in der US-Politik wenig, was Trump aufhalten könnte.
Trumps Wahl ist umso bemerkenswerter, als dass es jetzt nichts mehr schönzureden gibt. Die US-Amerikanerinnen und -Amerikaner wissen, wer er ist und was er will. Und genau deswegen haben sie ihn gewählt: Unter anderem wegen seiner Abkehr von der bisherigen internationalen Rolle der USA, wegen seines Protektionismus und seiner Zollpläne, seiner Nähe zu Autokraten und – vor allem – seiner Geringschätzung von demokratischen Institutionen. Für die Welt insgesamt ist das keine gute Nachricht. Das gilt ganz besonders für Europa und auch für die Schweiz – und natürlich vor allem für die Ukraine angesichts der Nähe von Trump zum russischen Präsidenten Vladimir Putin.
Was droht aus wirtschaftlicher Sicht: Im Wahlkampf hat Trump angekündigt, auf Importe aus allen Ländern einen Zoll von 20 Prozent schlagen zu wollen – auf jene aus China sogar 60 Prozent. Das ist für eine kleine, offene Volkswirtschaft wie die Schweiz mit ihrer starken wirtschaftlichen Auslandabhängigkeit eine besonders schlechte Nachricht – die USA sind in einer Länderbetrachtung unser wichtigster Exportmarkt.
Abkehr von globalen Handelsregeln
Zudem will Trump nichts von internationalen Organisationen und globalen Handelsregeln wie jenen der Welthandelsorganisation WTO wissen, auf die Länder wie die Schweiz besonders angewiesen sind. Und wie schon bei seiner letzten Präsidentschaft könnten die Nationalbank (SNB) und die Schweizer Aussenpolitik angesichts des Güterexportüberschusses der Schweiz mit den USA erneut unter Druck geraten, sich erklären zu müssen, um nicht als Währungsmanipulator gebrandmarkt zu werden. Schliesslich ist nicht ausgeschlossen, dass die SNB erneut zu einem Eingreifen auf den Währungsmärkten gezwungen sein könnte, wenn es zu einer scharfen Aufwertung des Frankens kommt. Diese Gefahr besteht dann, wenn Trump, wie angekündigt, in die Geldpolitik des Fed eingreift, was den Dollar schwächen dürfte.
Was für Länder gilt, gilt nicht unbedingt auch für Unternehmen. Vor allem die internationalen beziehungsweise die auf die USA ausgerichteten Unternehmen sehen in Trumps Wahlsieg einen Befreiungsschlag. Ein Grund dafür sind die Steuersenkungen, die ihnen Trump in Aussicht gestellt hat. Kamala Harris wollte die Steuern erhöhen. Die Kehrseite davon und der Ausgabenpläne von Trump ist aber eine weiter deutlich steigende Verschuldung, was zumindest auf lange Sicht die Frage aufwirft, welche Bedeutung der Dollar als Weltwährung künftig noch behalten wird.
Freude dürften viele Unternehmen aber auch haben, dass Trump für eine weitere Deregulierung steht, Harris vertritt das Gegenteil. Für das massiv überregulierte Europa muss das ein Weckruf sein, will der alte Kontinent den Rückstand bei der Produktivität und bei Innovationen gegenüber den USA nicht noch weiter vergrössern und eine Abwanderung von erfolgreichen Firmen verhindern.
Gefahr für Demokratie und Rechsstaat
Die grösste Gefahr, die von einer neuen Administration unter Donald Trump ausgeht, liegt aber nicht im wirtschaftlichen Bereich, sondern bei Institutionen wie Demokratie und Rechtsstaat. Trump hat wiederholt im Wahlkampf und schon in seiner letzten Präsidentschaft deutlich gemacht, dass er von solchen Institutionen wenig hält und nach seiner Wahl selbst seine politischen Gegner mit den Mitteln des Staates verfolgen lassen will. In ihnen sieht er den «Feind von innen», den er für gefährlicher hält als Russland oder China.
Ob er am Ende im Stande ist, die Institutionen in den USA auszuhebeln, wissen wir nicht. Dass er aber trotz seiner Geringschätzung dafür gewählt wurde, macht deutlich, wie sehr das Vertrauen eines grossen Teils der US-Amerikanerinnen und -Amerikaner in die Demokratie bereits gesunken ist. Und leider nicht nur dort. Trumps Wahlsieg freut nicht nur Autokraten weltweit, sondern auch die gleichgesinnten Bewegungen in demokratischen Ländern. Sie alle dürften Morgenluft wittern. Am Ende bleibt nur die Hoffnung, dass Trump am Ende doch nicht so sein wird, wie er zu sein angekündigt hat. Dass wir unsere Hoffnungen auf eine derart dünne Grundlage setzen müssen, ist überaus beunruhigend.