Dank Stadler-Rail-Gründer Peter Spuhler wissen es jetzt alle. Unternehmerfamilien sind daran, wegzuziehen. Es sind vor allem solche, die ihr Vermögen in anständige, erfolgreiche Firmen mit Tausenden Angestellten gesteckt haben. Der Grund: Eine Juso-Volksinitiative ist eingereicht worden, die verlangt, dass Vermögen ab 50 Millionen Franken bei der Vererbung mit einem Satz von 50 Prozent besteuert werden.

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Die Initiative hat eine verhängnisvolle Vorwirkung. Ein Beispiel: Ypsomed-Gründer Willy Michel hält drei Viertel der Aktien seiner Firma. Diese erfand die Insulinpens und ist mit 5,5 Milliarden Franken an der Börse bewertet. Sobald Michel seine Aktien an die Kinder überträgt, müsste er rund 2 Milliarden Franken dem Staat abliefern. So viel Cash hat er nicht. Also wäre er gezwungen, die Hälfte seiner Aktien zu verkaufen. Er verlöre die Kontrolle über sein Unternehmen. Aktivistische Investoren könnten die blühende Firma zerlegen.

Kein Wunder, dass sich Unternehmerfamilien vorsehen. Sie kaufen Häuser im Ausland und beantragen dort die Niederlassung. Das passiert bereits, sagt eine mit der Lage vertraute Person. Schon heute fliessen hohe Beträge ins Ausland, dem Staat geht Steuersubstrat verloren. Und das alles, ohne dass das Stimmvolk über die Initiative befunden hätte. Eine solche Vorwirkung ist hoch problematisch.

Ungültigerklärung kaum die Lösung

Die einfache Lösung wäre, dass das Parlament die Rückwirkungsklausel der Volksinitiative für ungültig erklärt. Mit dem Verweis auf die schädlichen wirtschaftlichen Auswirkungen. Das Bundesamt für Justiz hat die Machbarkeit gegenüber der «Handelszeitung» bestätigt.

Doch was als plausibel erscheint, hat hohe Hürden. Die Verfassung nennt sie: Die Einheit der Materie müsste verletzt sein, die neue Verfassungsbestimmung wäre faktisch nicht umsetzbar oder sie müsste gegen zwingendes Völkerrecht verstossen. Keiner der drei Gründe kann bejaht werden. So erscheint dieser Weg als nicht gangbar. Er käme wohl auch zu spät, denn das Parlament würde erst nächsten Sommer darüber befinden.

Der Bundesrat hat es in der Hand

Es gibt die bessere Lösung, doch dafür braucht es den Bundesrat.

Die Rückwirkungsklausel der Initiative besagt, dass die Regierung bei Annahme per Abstimmungsdatum sicherstellen muss, dass keine Steuerumgehung passiert. Dies zu regeln, ist praktisch unmöglich, denn eine generelle Wegzugsteuer, die alle beträfe, wäre nicht verfassungskonform. Einzig Personen mit Vermögen von über 50 Millionen beim Wegzug zu besteuern, wäre nur erlaubt, wenn man ihnen nachweist, dass sie Erbschaftssteuern zu hinterziehen versuchen. Eine solche Absicht nachzuweisen, ist praxisfremd. Jede niedergelassene Person darf wegziehen und woanders investieren.

Der Bundesrat müsste den Betroffenen faktisch verbieten, umzusiedeln. Das wäre eine grobe Verletzung der Verfassung. Wir sind nicht Nordkorea. Der Bundesrat hat es also in der Hand, klar zu machen, dass er die Übergangsbestimmungen mit der Rückwirkung gar nicht umsetzen kann. So wäre der schädlichen Vorwirkung der Boden entzogen.

Der Bundesrat soll rasch klären, wie er die Initiative provisorisch umsetzen will.