Eva Kaili verliert wegen schwerer Korruptionsvorwürfe ihr Amt als Vizepräsidentin des Europaparlaments. Die Abgeordneten stimmten am Dienstag in Strassburg mit nur einer Gegenstimme für die sofortige Absetzung der in Untersuchungshaft sitzenden Politikerin aus Griechenland.

Zuvor hatten sich bereits die Fraktionsvorsitzenden im EU-Parlament einstimmig auf diesen Schritt geeinigt. Auch von ihren Pflichten als Vize hatte Parlamentspräsidentin Roberta Metsola sie am Wochenende entbunden.

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Kaili selbst liess über ihren Anwalt am Dienstag ihre Unschuld beteuern. «Ihre Position ist, dass sie unschuldig ist. Sie hat nichts mit Geldflüssen aus Katar zu tun, überhaupt nichts», sagte Michalis Dimitrakopoulos dem griechischen Fernsehsender «Open». Zu Details dürfe er sich nicht äussern.

Auch habe er kein Bild davon, ob Gelder gefunden worden seien und wenn ja, welche Summen. Dimitrakopoulos wies jedoch Medienberichte zurück, wonach unter der Kinderwiege der kleinen Tochter von Kaili 160'000 Euro gefunden worden seien.

Kaili ist in Untersuchungshaft

Die griechische Sozialdemokratin Kaili ist eine von sechs Verdächtigen, die von den belgischen Behörden seit Freitag in dem Korruptionsskandal festgenommen worden sind. Vier von ihnen kamen am Sonntag in Untersuchungshaft – darunter nach Informationen der Deutschen Presse-Agentur und anderer Medien auch Kaili, ihr Freund und der ehemalige Europaabgeordnete Antonio Panzeri.

Der zumindest vorübergehend festgenommene Generalsekretär des Internationalen Gewerkschaftsbunds (IGB), Luca Visentini, wies jede Schuld von sich. «Sollten weitere Anschuldigungen erhoben werden, freue ich mich auf die Gelegenheit, sie zu widerlegen, da ich mir nichts vorzuwerfen habe», sagte der Italiener einer am Dienstag veröffentlichen IGB-Mitteilung zufolge.

Sie sollen der Staatsanwaltschaft zufolge am Mittwoch vor einer Gerichtskammer erscheinen, die über das Aufrechterhalten der Haft und das weitere Vorgehen entscheiden soll.

Die vier Verdächtigen werden der Beteiligung an einer kriminellen Vereinigung, der Geldwäsche und der Korruption beschuldigt. Im Raum steht, dass das Golfemirat Katar, das derzeit die Fussball-Weltmeisterschaft ausrichtet, mit umfangreichen Geld- und Sachgeschenken versucht hat, Einfluss auf politische Entscheidungen im Europaparlament zu nehmen.

Eine mögliche Visa-Erleichterung für Katar dürfte es daher so bald nicht geben. Zwar hatte der zuständige Ausschuss Anfang Dezember dafür gestimmt, jedoch verwies das Plenum angesichts der jüngsten Enthüllungen das Dossier am Montag zurück an das Gremium.

«Wir müssen sicherstellen, dass dieser Prozess nicht durch Korruption beeinflusst wurde. Wir müssen auch dafür sorgen, dass jeder Versuch, unsere Demokratie anzugreifen, Konsequenzen hat», sagte der zuständige Berichterstatter Erik Marquardt (Grüne). Katar wies die in dem Skandal gegen die Regierung in Doha gerichteten Vorwürfe als haltlos zurück.

Razzien im EU-Parlament

In der belgischen Hauptstadt treiben die Ermittler ihre Arbeit voran. Dabei durchsuchten sie am Montag auch Räume im EU-Parlament in Brüssel, wie die Staatsanwaltschaft mitteilte. Dabei seien Daten von Computern von zehn parlamentarischen Mitarbeitern beschlagnahmt worden. Am Sonntag habe es zudem Razzien in Italien gegeben.

Insgesamt gab es den Angaben zufolge seit Beginn der Ermittlungen 20 Durchsuchungen – 19 in Büros und Wohnräumen sowie eine im Europaparlament selbst. Dabei wurden demnach 600 000 Euro bei einem Verdächtigen gefunden, mehrere Hunderttausend Euro in einem Koffer in einem Brüsseler Hotel sowie 150 000 Euro in der Wohnung eines EU-Abgeordneten, dessen Name nicht genannt wurde.

Kaili selbst gerät derweil auch in ihrer Heimat weiter unter Druck. Die griechische Anti-Geldwäsche-Behörde liess alle Vermögenswerte der 44-Jährigen einfrieren. Gleiches gilt demnach für ihre Eltern, ihre Schwester sowie ihren ebenfalls in Belgien verhafteten Freund. Untersucht würden Konten, Immobilienbesitz, Unternehmensbeteiligungen und ähnliche Vermögenswerte.

(sda/reuters/mth)