Vier Tage vor der entscheidenden Runde in der französischen Präsidentenwahl haben sich die beiden verbliebenen Kandidaten Emmanuel Macron und Marine Le Pen ein letztes TV-Duell geliefert. Macron entschied den Kampf um die Gunst des Publikums für sich.
Eine Mehrheit der Zuschauer fand Macron laut einer Umfrage in der Debatte überzeugender als Le Pen. Dies sei der Eindruck von 63 Prozent der Befragten. 34 Prozent fanden die Rechtspopulistin überzeugender. Das Institut Elabe hatte 1314 Zuschauer der zweieinhalbstündigen Debatte befragt.
Vorwürfe allenthalben
In dem live übertragenen TV-Duell überzogen sich beide mit Vorwürfen, den Franzosen weder in der Wirtschafts- noch in der Sicherheitspolitik Antworten anzubieten. «Kandidat des Krieges aller gegen alle», «Lügen», «grosser Unsinn», «Arroganz», sind nur einige Auszüge aus dem hitzigen Wortgefecht.
«Herr Macron ist der Kandidat der wilden Globalisierung, der Uberisierung, der Prekarität, der sozialen Brutalität, des Krieges aller gegen alle, der wirtschaftlichen Plünderung», sagte Le Pen gleich zu Beginn der Debatte, die von den Sendern TF1 und France 2 organisiert wurde. Zugleich machte die Front-National-Kandidatin den früheren Wirtschaftsminister für die magere Bilanz des sozialistischen Staatschefs François Hollande verantwortlich und sagte, der Präsident würde Macron «fernsteuern».
«Währung der Bankiers»
Der sozialliberale Reformpolitiker warf Le Pen dagegen immer wieder vor, «Lügen» und «Unsinn» zu verbreiten, «lächerliche Formeln» herunterzubeten und sich in Sachfragen nicht auszukennen. «Sie haben kein Projekt für unser Land», sagte der 39-jährige Präsidentschaftsfavorit. «Das Land verdient etwas Besseres.»
Er warf Le Pen zudem vor, keine tauglichen Vorschläge zu machen, wie die Arbeitslosigkeit verringert werden könne. Auch in der Sozialpolitik habe sie nichts zu bieten. So kosteten alleine ihre Rentenpläne 30 Milliarden Euro: «Das ist nicht zu finanzieren.»
Der Pro-Europäer und die EU-Gegnerin stritten auch über die EU und den Euro. «Der Euro ist die Währung der Bankiers, nicht die Währung des Volkes», sagte Le Pen, die für eine Rückkehr zum französischen Franc eintritt.
Der frühere Investmentbanker warnte, eine Abkehr vom Euro wäre «tödlich» für die Kaufkraft der Franzosen und die Wettbewerbsfähigkeit der französischen Wirtschaft. Er wolle einen starken Euro und ein starkes Europa, das «schützt».
Le Pen oder Merkel
Die Rechtspopulistin bescheinigte Macron deswegen «europäischen Extremismus» - und warf ihm vor, sich Deutschland und dessen Kanzlerin Angela Merkel zu unterwerfen. Bei einem Wahlsieg Macrons würde in Wirklichkeit Merkel über die Geschicke Frankreichs entscheiden: «So oder so wird Frankreich künftig von einer Frau regiert - entweder von mir oder von Frau Merkel.»
Mit scharfen Attacken überzogen sich die Kandidaten auch beim Thema Sicherheit und Anti-Terror-Kampf: Le Pen warf Macron «Gefälligkeit mit dem islamistischen Fundamentalismus» vor. Sie warb erneut dafür, ausländische Gefährder umgehend aus Frankreich auszuweisen und verurteilte Terroristen mit doppelter Staatsbürgerschaft auszubürgern.
Macron bezeichnete Le Pens Forderungen als «Augenwischerei», die bei der Terrorbekämpfung wirkungslos seien. Die Rechtspopulistin tappe ausserdem in die «Falle» der Islamisten und drohe einen «Bürgerkrieg» in Frankreich anzuzetteln. «Sie sind die Hohepriesterin der Angst», sagte Macron.
Detailfragen gegen hämisches Lachen
Immer wieder fielen Macron und Le Pen sich gegenseitig ins Wort, die Moderatoren waren sichtlich überfordert. Die 48-jährige Rechtspopulistin versuchte ihren Rivalen zudem mit hämischem Lachen aus dem Konzept zu bringen und unterstellte ihm «Arroganz». Macron versuchte derweil, seine Konkurrentin mit Detailfragen in die Ecke zu drängen, was ihm wiederholt gelang.
Die Fernsehdebatte zwischen den beiden Wahlrunden ist in Frankreich traditionell einer der wichtigsten Wahlkampfmomente. Macron und Le Pen wollten die vielen noch unentschlossenen Wähler für sich gewinnen, die bei der zweiten Wahlrunde am kommenden Sonntag eine wichtige Rolle spielen dürften.
Macron war bei der ersten Runde am 23. April an erster Stelle gelandet und geht als klarer Favorit in die Stichwahl.
(sda/chb/gku)