Im Rennen um die Präsidentschaft in Frankreich entscheiden die Wähler in zwei Wochen zwischen Amtsinhaber Emmanuel Macron und der rechten Kandidatin Marine Le Pen. Beide qualifizierten sich in der ersten Runde am Sonntag wie erwartet für die Stichwahl, wie aus ersten Prognosen von vier Meinungsforschungsinstituten hervorging.
Macron, der seit fünf Jahren im Amt ist, lag dabei deutlicher vor Le Pen als in den letzten Umfragen vor der Wahl. In ersten Reaktionen sprachen sich fast alle unterlegenen Kandidaten dafür aus, nun für Macron zu stimmen, was dessen Chancen erhöht. Seit zwei Jahrzehnten ist es keinem französischen Präsidenten mehr gelungen, sich eine zweite Amtszeit zu sichern.
Auf den liberalen Macron entfielen am Wahlabend in verschiedenen Hochrechnungen 28,1 bis 29,5 Prozent der Stimmen. Le Pen kam demnach als Zweitplatzierte auf 23,3 bis 24,4 Prozent. Der linke Bewerber Jean-Luc Melenchon erhielt rund 20 Prozent. Chancenlos waren der Rechtsaussen-Kandidat Eric Zemmour und die Konservative Valerie Pecresse mit etwa sieben beziehungsweise fünf Prozent.
Umfragen im Vorfeld der Wahl hatten Macron mit rund 26 Prozent knapp vor Le Pen mit 24 Prozent gesehen. Erste Teilergebnisse sahen zwar Le Pen vor Macron, allerdings waren dabei die grossen Städte noch unterrepräsentiert, in denen es Le Pen schwerer hat.
Nur Zemmour empfiehlt Le Pen
Macron warb nach der Wahl am Sonntag darum, ihn bei der Stichwahl zu unterstützen. Er rufe alle Bürger dazu auf, die extreme Rechte zu stoppen. Zemmour rief seine Anhänger auf, nun für Le Pen zu votieren. Von Grünen, Linken, Sozialisten und Konservativen kamen dagegen Signale, Macron zu unterstützen.
Pecresse sagte vor ihren Anhängern, Le Pen disqualifiziere sich - vor dem Hintergrund des russischen Angriffs auf die Ukraine - wegen ihrer Nähe zum russischen Präsidenten Wladimir Putin. «Ihre Wahl würde bedeuten, dass Frankreich auf der europäischen und internationalen Bühne irrelevant wird.» Le Pen sagte, sie wolle als Präsidentin Spaltungen innerhalb des Landes überwinden.
Nach der Stichwahl am 24. April beginnt die neue Amtsperiode spätestens am 13. Mai. Mitte Juni wird dann an zwei Wochenenden ein neues Parlament gewählt.
Knapper als 2017
Macron und Le Pen waren schon 2017 in der Stichwahl gewesen, die der Liberale damals klar für sich entscheiden konnte. Dieses Mal könnte es aber knapper werden. Viele linke Wähler haben in Umfragen erklärt, dass sie anders als 2017 Macron in der Stichwahl nicht wählen würden, nur um einen Einzug Le Pens in den Elysee-Palast zu verhindern. Diese muss Macron nun überzeugen, ihre Meinung zu ändern. Einer Ifop-Umfrage zufolge für den TV-Sender TF1 dürfte Macron die Stichwahl mit 51 Prozent nur knapp gewinnen. Zum Vergleich: 2017 waren es gut 66 Prozent.
Die knapp 49 Millionen Wahlberechtigten konnten am Sonntag bis 19.00 Uhr ihre Stimme abgeben, in Paris und anderen grossen Städten bis 20.00 Uhr. Die Umfragen, die gleich nach der Schliessung der Wahllokale veröffentlicht wurden, sind in Frankreich üblicherweise sehr verlässlich.
Le Pen: Mehrwertsteuersenkung auf Benzin
Macron war erst spät in den Wahlkampf eingestiegen, da er wegen des Kriegs in der Ukraine stark eingebunden war in Diplomatie und Verhandlungen über Sanktionen gegen Russland. Le Pen hatte ihre Kampagne dagegen frühzeitig gestartet. Die EU- und Euro-Skeptikerin verspricht, die Kaufkraft der Franzosen in Zeiten rasant steigender Preise mit einer kräftigen Mehrwertsteuersenkung auf Benzin stärken zu wollen. Das war ein wichtiges Thema im Wahlkampf, das Le Pen früh gesetzt hat. Umfragen zufolge sind die Franzosen nicht zufrieden mit der Wirtschaftspolitik von Macron, obwohl die Arbeitslosenquote deutlich zurückgegangen ist.
Der Präsident hatte zunächst auf eher unpopuläre Themen wie eine Anhebung des Rentenalters und schärfere Auflagen für Sozialleistungen gesetzt. Erst in der heissen Wahlkampfphase schwenkte er um und stellte weitergehende Massnahmen zum Schutz der Verbraucher vor steigenden Strom- und Benzinpreisen in Aussicht. Zudem verschärfte er den Ton gegenüber Le Pen und warf ihr vor, ein rassistisches Programm zu haben, das auf die Spaltung der Gesellschaft ausgelegt sei. Führende Ökonomen rechnen bei einem Erfolg der rechten Kandidatin mit einem Börsenbeben. Ein Sieg des Pro-Europäers Macron dürfte an den Kapitalmärkten dagegen gut ankommen.
(reuters/gku)