Lust aufs Weiterregieren sieht anders aus. Wer Alain Berset bei seinen vielen Presseauftritten beobachtet hat, sah an der Pressekonferenz am Mittwoch zu seinem Rücktritt einen defensiven Bundesrat. Einen, der nur einen Moment lang aufblitzte, als er der Journalistenschar erklärte, dass er nie von der Partei zum Rücktritt gedrängt worden war – dass er in zwölf Jahren Amtstätigkeit nur zweimal gefragt wurde, ob er weitermache, zuletzt 2019 und danach nicht mehr.
Dies ist insofern erstaunlich, weil er sich seit 2019 etliche Affären leistete, die ihm, dem Ehemann und Familienvater, den Ruf eines Machos einbrachten und der Moralpartei SP peinlich waren. Sein grösster Fauxpas war vermutlich das Abservieren seiner Geliebten – die ihn erpresste – mithilfe der Bundespolizei. Die letzte Affäre, die ruchbar wurde, jene der Corona-Leaks an das Ringier-Pressehaus, ist noch nicht vom Tisch. Im Parlament läuft eine Untersuchung der Geschäftsprüfungskommission. In den Umfragen zur Beliebtheit der Bundesräte sackte Berset im März auf Rang drei.