SVP-Nationalrat Christoph Mörgeli legt Aufsichtsbeschwerde gegen den Zürcher Oberstaatsanwalt Martin Bürgisser ein. Grund sind abfällige Äusserungen über Christoph Blocher und die SVP, die Bürgisser am vergangenen Freitagabend in einem Bülacher Pub gemacht haben soll.

Er habe am Dienstag einen Anwalt damit beauftragt, die Aufsichtsbeschwerde vorzubereiten, sagte Mörgeli auf Anfrage der sda. Er bestätigte damit eine entsprechende Meldung, die «Der Sonntag» auf seiner Website aufschaltete.

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Erklärung auf der Website

Die Beschwerde laute auf «Verfehlungen im Amt», sagte Mörgeli weiter. Der SVP-Nationalrat ist mit der Erklärung, die Bürgisser am Montag auf der Website der Oberstaatsanwaltschaft aufschaltete, alles andere als zufrieden. «Das war ungenügend.»

Bürgisser räumte in dieser Mitteilung zwar ein, an diesem Abend im Pub über das Thema Nationalbank gesprochen zu haben. Er habe aber keinerlei Fakten erwähnt, die nicht bereits in den Medien veröffentlicht worden seien.

Belauscht von SVP-Kantonsrat

Zudem habe er auch nichts gesagt, was unter «üble Nachrede» fallen würde, etwa dass die SVP zusammenbreche, wenn Blocher stürze. Dies entspreche absolut nicht seiner Ausdrucksweise und «wäre auch Unsinn», schrieb Bürgisser.

Belauscht wurde Bürgisser an diesem Abend ausgerechnet vom Zürcher SVP-Kantonsrat Claudio Schmid. Dieser ist selber kein unbeschriebenes Blatt in der Affäre um den ehemaligen Nationalbankpräsidenten Philipp Hildebrand. Gegen ihn läuft wegen der mutmasslichen Weitergabe der gestohlenen Bankdaten ein Strafverfahren wegen Verletzung des Bankgeheimnisses.

Derweil wird sich die Immunitätskommission am Mittwoch mit dem Fall Blocher beschäftigen. Ein Entscheid über die Aufhebung der Immunität des Politschwergewichts wird jedoch nicht fallen. Das sagte Kommissionspräsident Heinz Brand (SVP/GR) am Dienstag der Nachrichtenagentur sda. Dagegen spricht schon das Verfahren: Das Parlamentsgesetz sieht vor, dass das betroffene Ratsmitglied vor einem Entscheid angehört wird.

Staatsanwaltschaft hat Antrag eingereicht

Ohnehin müsse die Kommission zuerst grundlegende Prinzipien der Arbeitsweise klären, sagte Brand. Entschieden werden könnte daher allenfalls, ob und wann ein Hearing mit Blocher durchgeführt wird. Das für das Immunitätsverfahren nötige Gesuch hat die Zürcher Staatsanwaltschaft am Dienstagnachmittag eingereicht. Sie beantragt der Immunitätskommission festzustellen, dass sich im Zusammenhang mit dem Verfahren wegen Verletzung des Bankgeheimnisses für Blocher die Frage der Immunität nicht stellt. Will heissen: Die Staatsanwaltschaft will, dass die Immunität aufgehoben wird.

Blocher seinerseits stellt sich auf den Standpunkt, seine Beteiligung an der Weitergabe von Bankunterlagen des ehemaligen Nationalbankpräsidenten Philipp Hildebrand sei von der parlamentarischen Immunität gedeckt. Seiner Ansicht nach war auch die vor einer Woche durchgeführte Hausdurchsuchung illegal, weil sie ohne Einwilligung der Ratspräsidien erfolgte.

Dagegen reichte Blochers Anwalt Walter Hagger nun Beschwerde beim Zürcher Obergericht ein. Im Parlamentsgesetz sei festgehalten, dass die Ermächtigung durch den Parlamentspräsidenten nötig sei, um Zwangsmassnahmen wie eine Hausdurchsuchung durchzuführen, sagte er am Dienstag zu einer Meldung der «Neuen Zürcher Zeitung.»

Jositsch stärkt Justiz den Rücken

Anderer Meinung ist Strafrechtsprofessor und Nationalrat Daniel Jositsch (SP/ZH), der als Mitglied der Subkommission an der Revision der Immunitätsbestimmungen mitgearbeitet hat. Wie die Parlamentsdienste ist auch er der Auffassung, dass es für eine Hausdurchsuchung die Zustimmung der Ratspräsidien nur dann braucht, wenn der betroffene Parlamentarier durch Immunität geschützt ist.

Wenn Blocher keine Immunität geniesst, wie die Zürcher Staatsanwaltschaft geltend macht, waren demnach weder die Aufhebung der Immunität noch eine Ermächtigung der Ratspräsidien nötig. Die Justizbehörden verzichteten folgerichtig darauf, vorgängig entsprechende Anträge zu stellen.

Jositsch stützt diese Auffassung. Nach seinen Angaben war das Ziel der Revision, die relative Immunität wenn schon nicht ganz abzuschaffen, so doch stark einzuschränken. Sie sollte nur gelten, wenn ein Mitglied des Parlaments Aussagen in unmittelbarem Zusammenhang mit der amtlichen Stellung oder Tätigkeit macht. Laut Jositsch bedeutet dies, dass nicht jeder beliebige Zusammenhang mit der parlamentarischen Tätigkeit von der Bestimmung erfasst ist, sondern nur jene Geschäfte, die das betreffende Ratsmitglied vertritt.

Entscheid könnte Wochen dauern

Weil Blocher die Bankunterlagen Hildebrands schon vor seiner Vereidigung entgegengenommen hat, ist darüber hinaus umstritten, ob er zum Zeitpunkt der Tat überhaupt schon Nationalrat war. All diese Fragen werden die Immunitätskommission des Nationalrats sowie die Rechtskommission des Ständerats nun klären müssen - wohl nicht ausschliesslich aufgrund juristischer Überlegungen. Nach Auskunft von Brand könnte es mehrere Wochen dauern, bis der Entscheid über Blochers Immunität gefallen ist.

(vst/muv/sda)