Einen Tag nach der Rückeroberung der irakischen Grossstadt Mossul vom Islamischen Staat hat die Regierung offiziell den Sieg über die Extremistenmiliz in der einstigen Hochburg erklärt.
Ministerpräsident Haider al-Abadi habe dies in der Einsatzzentrale der Anti-Terror-Einheit verkündet, erklärte sein Büro am Montag auf Twitter. Das staatliche Fernsehen hatte eine «historische Erklärung» des Regierungschefs angekündigt. Al-Abadi war am Sonntag in der Stadt eingetroffen und hatte den Soldaten gratuliert. Danach leisteten jedoch einige Dutzend Kämpfer der Islamisten weiter Widerstand.
Zukunft ungewiss
Die irakische Armee war am Sonntag mit Luftunterstützung der amerikanisch geführten Anti-IS-Koalition in den letzten Rückzugsort der Terrormiliz in Westmossul eingefallen. Sie hisste die irakische Flagge am Ufer des Flusses Tigris und in der Altstadt. Das Staatsfernsehen zeigte feiernde und tanzende Soldaten. Die irakische Nationalhymne wurde gespielt.
Wann das zum Teil heftig zerstörte Stadtzentrum Westmossuls wieder bewohnbar ist, ist nach Angaben des Norwegischen Flüchtlingsrates (NRC) ungewiss. Zunächst müsse untersucht werden, wie stark die Infrastruktur wie zum Beispiel die Wasserversorgung beschädigt ist. Teile der Stadt seien für die Spezialisten aber noch nicht zugänglich, sagte eine Sprecherin der Nachrichtenagentur dpa.
Krise hält an
Im teilweise zerstörten Westteil der Stadt befinden sich noch immer Zehntausende Zivilisten. Sie hätten während der Kämpfe in Mossul ausgeharrt, auch weil die Flucht für sie zu gefährlich gewesen sei, sagte die NRC-Sprecherin. Bei den Gefechten wurden insgesamt etwa 900'000 Menschen aus der Stadt vertrieben, von denen um die 200'000 zurück in ihre Häuser konnten.
«Die Kämpfe mögen vorbei sein, die humanitäre Krise ist es nicht», sagte die UNO-Koordinatorin für humanitäre Hilfe im Irak, Lise Grande. Viele der Geflüchteten hätten alles verloren und seien sehr stark traumatisiert. Sie benötigten Unterkünfte, Nahrungsmittel, Wasser und medizinische Hilfe. «Was die Leute durchgemacht haben, ist schier unvorstellbar», sagte Grande.
IS könnte nun auf Guerilla-Angriffe setzen
Mit Mossul verliert der IS seine letzte grosse Hochburg im Irak und die grösste Stadt, die er je unter Kontrolle hatte. Die Extremisten waren im Juni 2014 überraschend in Mossul eingefallen und hatten die Millionenmetropole innerhalb kürzester Zeit überrannt.
Die Terrormiliz ist nun im Irak militärisch weitgehend geschlagen. Sie kontrolliert nur noch unbedeutendere Gebiete etwa an der Grenze zu Syrien, das sie ebenfalls zu Teilen erobert hatte.
Experten rechnen damit, dass sich die IS-Anhänger in die grossen Wüstengebiete im Westen des Iraks zurückziehen und dort Guerilla-Angriffe planen. Zudem ist die Miliz noch immer in der Lage, Attentate zu verüben.
(sda/jfr)