Russlands Ex-Präsident Dmitri Medwedew hat mit neuen Raketenangriffen auf ukrainische Städte heraufgezogen. «Die erste Episode ist vorbei. Es wird weitere geben», schrieb der Vizesekretär des Sicherheitsrats am Montag beim Nachrichtendienst Telegram.

Der ukrainische Staat sei in seiner jetzigen Form eine ständige Bedrohung für Russland, so Medwedew. Deshalb müsse die politische Führung des Nachbarlands vollständig beseitigt werden. Dies sei seine «persönliche Position».

Partner-Inhalte
 
 
 
 
 
 

Russland hatte zuletzt mehr als 80 Raketen auf Kiew und andere Städte in der Ukraine gefeuert, davon seien 43 abgefangen worden, teilte das ukrainische Verteidigungsministerium mit.

Die Angriffe am Montagmorgen töteten dem ukrainischen Zivilschutz zufolge mindestens elf Menschen landesweit. Viele Menschen waren während der Raketenattacken gerade auf dem Weg zu Arbeit.

Putin spricht von einer Vergeltungsmassnahme

Kremlchef Wladimir Putin nannte den Angriff eine Reaktion auf die «Terroranschläge» gegen russisches Gebiet. Es seien Objekte der Energieinfrastruktur, der militärischen Steuerung und des Fernmeldewesens mit Hochpräzisionswaffen beschossen worden, sagte Putin bei einer Sitzung des nationalen Sicherheitsrates. Die Schläge seien vom Meer, aus der Luft und vom Boden aus erfolgt.

Zugleich drohte der russische Präsident Kiew mit noch härterem Vorgehen. «Für den Fall einer Fortsetzung der Versuche, auf unserem Gebiet Terroranschläge auszuführen, werden die Antworten von russischer Seite hart ausfallen - und in ihrem Ausmass dem Niveau der Bedrohung für die Russische Föderation entsprechen», sagte Putin. «Daran sollte niemand irgendwelche Zweifel haben.»

In Kiew schlugen die Geschosse laut Bürgermeister Witali Klitschko im Zentrum ein. In fast allen Landesteilen gab es Luftalarm. Die Strom- und Wasserversorgung brach mancherorts zusammen.

Auch die Visa-Stelle der deutschen Botschaft wurde getroffen. Nach mehr als fünfeinhalb Stunden wurde der Luftalarm in Kiew aufgehoben.

Explosion auf der Krim-Brücke

Putin ordnete die Raketenangriffe an, nachdem am Samstag eine Explosion die 19 Kilometer lange Brücke erschüttert hatte, die Russland und die 2014 von Moskau annektierte Schwarzmeer-Halbinsel Krim verbindet. Russland macht den ukrainischen Geheimdienst SBU für die Explosion verantwortlich.

Bestätigt hat der ukrainische Geheimdienst SBU eine Beteiligung nicht. Die SBU-Zentrale liegt im Zentrum Kiews. Moskau hatte wiederholt gedroht, Kommandostellen in der ukrainischen Hauptstadt zu beschiessen, wenn der Beschuss russischen Gebiets nicht aufhöre.

Strategisch wichtige Brücke

Der ukrainische Aussenminister Dmytro Kuleba wies dies scharf zurück. «Nein, Putin wurde nicht von der Krim-Brücke zum Raketenterror 'provoziert'», teilte er per Twitter mit. «Russland hatte die Ukraine auch vor der Brücke ständig mit Raketen getroffen. Putin ist verzweifelt wegen der Niederlagen auf dem Schlachtfeld und versucht mit Raketenterror, das Kriegstempo zu seinen Gunsten zu ändern.»

Die Brücke zur Krim ist als Nachschubroute für den russischen Angriff wichtig. Das Bauwerk hat zudem einen hohen symbolischen Wert für die Führung in Moskau. Putin hatte den Angriff auf die Ukraine am 24. Februar befohlen. Der Krieg dauert nun bald acht Monate.

Die Raketenschläge sind nach russischen Angaben Teil der Kriegsführung. «Das alles geschieht im Rahmen der militärischen Spezialoperation», sagte Kremlsprecher Dmitri Peskow der Nachrichtenagentur Interfax zufolge.

Ukraine fordert Waffen aus dem Westen

«Die beste Antwort auf den russischen Raketenterror ist die Lieferung von Flugabwehr- und Raketenabwehrsystemen an die Ukraine», betonte der ukrainische Verteidigungsminister Olexij Resnikow. Russland halte Raketenangriffe für ein wirksames Mittel zur Einschüchterung. Das seien sie nicht. «Sie sind Kriegsverbrechen.»

Die Regierung der Republik Moldau beschuldigte Russland, bei den Raketenangriffen den moldauischen Luftraum verletzt zu haben. In Belarus kündigte Machthaber Alexander Lukaschenko die Bildung einer regionalen Militäreinheit der Streitkräfte des Landes mit der russischen Armee an. Dies habe er mit Putin vereinbart, sagte Lukaschenko am Montag nach Angaben der Staatsagentur Belta.

(sda/mbü/mth)