Der Abschluss eines Freihandelsabkommens mit Indien ist ein bedeutender Sieg für Wirtschaftsminister Guy Parmelin: Als ersten Europäern gelingt es der Schweiz und ihren Efta-Partnern Norwegen, Island und Liechtenstein, ein solches Abkommen zu unterzeichnen. Der Oman verhandelt darüber, die Briten verhandeln, die EU verhandelt, doch Parmelins Team putzte in New Delhi die Klinken besser und macht am Ende das Rennen.
Hier die kleine Schweiz mit ihren Efta-Partnern, dort Indien mit 1,4 Milliarden Menschen. Noch leben viele Menschen auf dem Subkontinent in Armut. Entsprechend gross ist das Wachstumspotenzial des Handels mit Indien. Die Schweiz verspricht mit der Efta Indien Investitionen in Milliardenhöhe und die Schaffung von einer Million Arbeitsplätzen. So weit, so gut.
«Die dortigen Behörden agieren extrem bürokratisch, die Korruption grassiert.»
Was im Jubel unterging, ist, dass die dortigen Behörden extrem bürokratisch agieren, dass die Hierarchiekultur Entscheide unterer Beamten verhindert und dass die Korruption grassiert.
Probleme mit der indischen Beamtenkultur
Solche Probleme bestätigten die Vertreter der Wirtschaft, Martin Hirzel (Swissmem) und Christoph Mäder (Economiesuisse), am Montag an der Pressekonferenz Parmelins. Hirzel sagte, der Freihandel mit Indien werde kein «Walk in the Park» – kein Spaziergang – sein. Selbst der erfolgreiche Schweizer Chefunterhändler Markus Schlagenhof gab zu, dass Indien «ein schwieriger Partner ist und bleiben wird». Daran werde das Freihandelsabkommen nichts ändern.
Nur schon ein indisches Geschäftsvisum zu erhalten, ist mit grossen Umtrieben verbunden. Die Visavergabe ist an Private ausgelagert – zum Schaden der Geschäftsleute.
Immerhin habe Indien der Schweiz versprochen, «gute Rahmenbedingungen» zu schaffen, betont Schlagenhof. Man habe die nötigen Kontakte auf Regierungsebene – selbst über SMS –, spüre den Willen der Inder, vorwärtszumachen und Probleme zu lösen. Der indische Handelsminister Goyal sei Tag und Nacht erreichbar, so eine Verhandlungsteilnehmerin.
Doch anders als etwa China, ein Zentralstaat, wo Peking befielt, ist Indien föderal aufgebaut. Die 28 Bundesstaaten geniessen viel Autonomie, New Delhi hat wenig zu melden. Dies könnte der Schweizer Exportindustrie noch viel Bauchweh bereiten.
So ist es sehr wahrscheinlich, dass sich die Importeure am Zollrabatt die Zähne lange ausbeissen, kombiniert mit Korruption, die den Rabatt zunichtemacht.
Zwar hat Indien etliche Zolltarifsenkungen versprochen. Aber die gelten nur, wenn ein Schweizer Exporteur nachweist, dass die Mehrheit der Leistung aus der Schweiz stammt – Stichwort Ursprungszeugnis. Indien hat dem Vernehmen nach eine sehr komplizierte Lösung durchsetzen können. Die Folge: Waren dürften wegen bemängelter Ursprungszeugnisse am Zoll stecken bleiben.
So ist es sehr wahrscheinlich, dass sich die Exporteure in den ersten Jahren des Freihandels am Zollrabatt die Zähne ausbeissen, kombiniert mit Korruption, die den Rabatt zunichtemacht.
Die Wirtschaftsführer Hirzel und Mäder sagten, die Wirtschaft Indiens habe das Problem erkannt und arbeite daran. Ein Weg sei die Digitalisierung der Bewilligungsprozesse, die es tendenziell erschweren wird, die hohle Hand zu machen.