Erinnern Sie sich an die «Panama Papers»? Richtig, das war dieses riesige Datenleck. Allein schon die Eckdaten waren atemberaubend. Eine anonyme Quelle hatte der «Süddeutschen Zeitung» 11,5 Millionen Dokumente zu 214’000 Briefkastenfirmen mit einem Volumen von 2,6 Terabyte zugespielt. 76 Zeitungen und TV-Stationen – vom britischen «Guardian» bis zum WDR – waren an den Recherchen beteiligt und stellten während Monaten Hunderte Journalistinnen und Journalisten für das Thema ab. Ein publizistisches Grossereignis, weltweit inszeniert und während Wochen ausgiebig bewirtschaftet. 

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Nun, acht Jahre später, ist vom vermeintlichen Skandal von damals nicht mehr viel übrig. Dieser Tage hat ein Gericht in Panama City alle 28 Angeklagten der Steuerkanzlei Mossack Fonseca – ihr waren die Dokumente gestohlen worden – freigesprochen. Eine Nachricht, die den meisten Publikationen – anders als damals – nur noch eine Meldung wert war. Roman Fonseca, einer der Partner der Kanzlei, erlebte den Freispruch nicht mehr. Er ist wenige Tage vor der Urteilseröffnung verstorben.

Strafrechtlich bleibt nicht viel übrig

Damit bestätigt sich, was sich schon früher abzeichnete: Strafrechtlich war wenig bis nichts dran an den «Panama Papers». In der Schweiz wurde kein einziges Strafverfahren aufgrund der geleakten Dokumente eröffnet. In Deutschland gab es zwar mehr als hundert Strafverfahren. In Sachen Verurteilungen gilt aber auch hier bis jetzt: Fehlanzeige.

Was bleibt, ist ein frontaler Angriff auf die Privatsphäre und die pauschale Diskreditierung von Vermögenden. So musste etwa der ehemalige britische Premierminister David Cameron die Steuererklärungen von sechs Jahren veröffentlichen, nachdem sein Name in den «Panama Papers» aufgetaucht und durch die Medien geschleust worden war. Es ging um einen Investmentfonds seines Vaters Ian, in den Cameron und seine Frau Samantha investiert waren, dessen Anteile das Ehepaar aber verkauft und korrekt versteuert hatte. Heute ist er Aussenminister im Kabinett von Rishi Sunak.

Auch der spanische Starregisseur Pedro Almodóvar geriet in den Strudel des angeblichen Steuerskandals. Er soll in den Neunzigerjahren mit seinem Bruder – man höre und staune – eine Briefkastenfirma in Panama gegründet haben. 

Der Schutz der Privatheit geht uns alle an

Das Vorgehen ist dabei immer das gleiche: Man verweist darauf, dass die Gründung einer Briefkastenfirma an sich nicht strafbar sei – um die Information anschliessend mit dem Verweis auf möglicherweise kriminelle Machenschaften und ein übergeordnetes öffentliches Interesse dann doch zu publizieren.

Die Vorgänge rund um die «Panama Papers» zeigen: Bei «den Reichen» gelten andere, laschere Regeln, wenn es um den Schutz der Privacy geht. Das zeigt dieses Gedankenspiel: Man stelle sich vor, Zeitungen würden Informationen aus geleakten Unterlagen unbescholtener Sozialhilfebezügerinnen und -bezüger veröffentlichen und diese damit unter Generalverdacht stellen. Die Empörung wäre zu Recht gross. Nicht so bei Veremögenden. Hier kann mit Beifall rechnen, wer Informationen an die Öffentlichkeit bringt, die dort eigentlich nichts verloren haben. 

Betrifft mich ja nicht, mag da manch einer sagen. Doch das ist zu kurz gegriffen. Der Schutz der Privatsphäre gehört zu den grossen Errungenschaften einer liberalen und offenen Gesellschaft. Ihre zunehmende Erosion ist nicht nur ein Problem für die Vermögenden, sondern für alle. Denn in einer Gesellschaft, welche die Privatheit einzelner Gruppen nicht respektiert, kann sich letztlich niemand mehr wirklich geschützt fühlen.