Verteidigungsminister Guy Parmelin hat sich im Bundesrat dafür eingesetzt, dass Bauern auf dem Verkauf von Bauland keine Bundessteuer zahlen müssen. Dass er selber von dem Gesetz profitieren würde, teilte er seinen Ratskollegen nicht mit.

«Es gibt kein direktes Interesse», erklärte Parmelin am Freitag vor den Bundeshausmedien. Er stand den Journalisten wegen eines Artikels im «Blick» Rede und Antwort. Das Blatt hatte berichtet, Parmelin habe sich im Bundesrat für die privilegierte Besteuerung stark gemacht, obwohl er zusammen mit seinem Bruder bis vor kurzem selber Eigentümer eines betroffenen landwirtschaftlichen Grundstücks war.

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Parmelins Votum für 400-Millionen-Loch

Es geht um eine Praxisänderung bei der Besteuerung landwirtschaftlicher Grundstücke: Jahrzehntelang zahlten Bauern auf dem Gewinn aus dem Landverkauf keine Steuern. 2011 schränkte das Bundesgericht dieses Privileg auf Grundstücke ein, die dem Bundesgesetz über das bäuerliche Bodenrecht unterstehen. Gewinne aus dem Verkauf von Baulandreserven sind seither voll steuerbar.

In der Sondersession von letzter Woche beschloss der Nationalrat eine Gesetzesänderung, die den Bundesgerichtsentscheid rückgängig machen soll. Die Vorlage dazu hatte der Bundesrat im Auftrag des Parlaments ausgearbeitet. Die Regierung war dagegen und wies darauf hin, dass dem Bund 200 Millionen Franken Einnahmen entgingen und der AHV noch einmal so viel – insgesamt 400 Millionen Franken im Jahr. Trotz der hohen Kosten unterstützte Parmelin die Gesetzesänderung im Bundesrat.

Umstrittener Verzicht auf Ausstand

Gemäss Mitbericht verlangte er sogar, dass in der Botschaft ans Parlament und in der Medienmitteilung die entgangenen Einnahmen nicht erwähnt werden. Zudem setzte sich der ehemalige Waadtländer Wein- und Ackerbauer für die verfassungsmässig bedenkliche Rückwirkung ein: Die Steuerentlastung soll rückwirkend für alle Veranlagungen angewendet werden, die noch nicht rechtskräftig sind.

Ob der Mitbericht zulässig war, ist umstritten. Nach Gesetz müssen Mitglieder des Bundesrates in den Ausstand treten, wenn sie an einem Geschäft ein unmittelbares persönliches Interesse haben. Nach Ansicht von Parmelin war dies nicht der Fall. Er sei seit Anfang 2016 nicht mehr der wirtschaftlich Berechtigte an einem landwirtschaftlichen Betrieb, erklärte er.

Bruder als alleiniger Eigentümer

Auf dieses Datum hin übertrug der frisch gewählte Bundesrat den Hof im waadtländischen Bursins ins alleinige Eigentum seines Bruders. Es handelte sich um Ackerland sowie um eine Parzelle mit Reben. Letztere befindet sich in der Bauzone und kann potenziell mit hohem Gewinn verkauft werden.

Die Eigentumsübertragung erfolgte rückwirkend. Der Vertrag wurde erst am 5. März unterschrieben, drei Tage nach Einreichung des fraglichen Mitberichts. Die Vorbereitungen hätten Zeit in Anspruch genommen, sagte Parmelin. Der Bundesrat diskutierte am 11. März über das Gesetz. Rechtsgültig wurde die Übertragung erst mit Eintrag ins Register am 14. März.

Gewinnbeteiligung während 25 Jahren

Damit endete Parmelins Interesse aber nicht. Während 25 Jahren profitiert er nämlich von einem Gewinn, den sein Bruder bei einem allfälligen Verkauf des Weinbergs machen würde. Nach geltendem Recht sind auf diesem Gewinn Bundessteuer und AHV-Beiträge geschuldet. Tritt das Gesetz wie vom Nationalrat beschlossen in Kraft, ist der Gewinn von Steuer und Abgabe befreit.

Für Parmelin ist das ein hypothetisches Szenario. Sein Bruder habe nicht die Absicht, das Grundstück zu verkaufen, sagte er. Er werde den Weinberg weiter bewirtschaften. Ausserdem hätten sie Gewinne aus dem Landverkauf immer wieder in den Betrieb investiert. Damit wird die Steuer aufgeschoben.

Eine Herzensangelegenheit

Keine Option war für Parmelin, auf die Gewinnbeteiligung zu verzichten, um einen Interessenkonflikt zu vermeiden. Damit könne er während 25 Jahren verhindern, von seinem Bruder bei einem allfälligen Verkauf übervorteilt zu werden.

Parmelin erinnerte auch daran, dass er sich schon als Parlamentarier für die Gesetzesänderung stark gemacht habe. Die Praxisänderung habe zu dramatischen Fällen geführt. «Das Dossier lag mir am Herz», sagte er. Seine Haltung in der Frage sei also ohnehin bekannt gewesen.

Parlamentarier wollen Auskunft

Alle Fragen hat der SVP-Bundesrat damit nicht beantwortet. Am Montag muss er den Geschäftsprüfungskommissionen (GPK) des Parlaments Auskunft geben. Der Berner SP-Ständerat Hans Stöckli, Präsident der ständerätlichen GPK, bestätigte der Nachrichtenagentur sda am Freitag einen entsprechenden Bericht des Onlineportals blick.ch.

Es handelt sich laut Stöckli um eine ordentliche GPK-Sitzung, an der Parmelin ohnehin anwesend sein wird. Vom Verteidigungsminister wollen die Kommissionsmitglieder nun wissen, was er zu seiner Rolle zu sagen hat und wie er die Ausstandsregel im Bundesrat interpretiert. Auch Bundespräsident Johann Schneider-Amman wird befragt. Er soll den Kommissionmitgliedern erklären, wie es dazu kam, dass der vertrauliche Mitbericht Parmelins öffentlich werden konnte.

(sda/ise)