In der Panzeraffäre geht es zwischen der Rüstungsfirma Ruag und dem Verteidigungsdepartement (VBS) nur noch um Gesichtswahrung. Beide Institutionen lassen einander über die Öffentlichkeit ausrichten, warum die Schuld jeweils nicht bei ihnen lag, als es um die Lieferung von Leopard-1-Panzern an die Ukraine ging – vermeintlich entgegen den Export- und Neutralitätsbestimmungen der Schweiz.
Die Kommunikation zwischen der Ruag und dem VBS wirkt gedämpft, der Kollateralschaden der Panzeraffäre ist enorm: Die EU ist bis heute sauer darüber, wie inkompetent und destruktiv die Schweiz agiert hat. Im Inland übernehmen weder die Ruag unter Präsident Nicolas Perrin noch das VBS unter Viola Amherd, noch das Staatssekretariat für Wirtschaft (Seco) unter der Führung von Guy Parmelin die Verantwortung.
Zur Erinnerung: Der deutsche Rüstungskonzern Rheinmetall wollte der Ruag vor eineinhalb Jahren 25 Panzer für den Einsatz in der Ukraine abkaufen, die in Italien parkiert sind. Die Ruag fragte beim Seco an, ob der Deal okay sei. Das Seco sagte informell Ja. Die Ruag und Rheinmetall unterschrieben also einen Vertrag, vorbehaltlich der offiziellen Genehmigung durch das Seco. Wohlgemerkt vorbehaltlich – man ahnte schon, dass es anders kommen könnte.
Und so kam es auch: Das Seco sagte letztlich Nein, und die EU tobte, weil es keine Panzer für die Ukraine gab. Bundesbern war peinlich berührt, weil es nun international als zögerlich und unverlässlich galt. Und die Schweizer Verhandler für ein EU-Abkommen raufen sich die Haare, weil das Waterloo mit den Panzern ihre Gespräche in Brüssel torpediert.
Dafür leiten Viola Amherd und die Ruag jetzt externe Untersuchungen ein: Die Eidgenössische Finanzkontrolle (EFK) prüft das VBS. Wer die Ruag prüft, wird nicht verraten: «Über die Resultate der externen Untersuchung wird die Ruag zu gegebener Zeit informieren.» Funktioniert so Transparenz?
Die externen Prüfer müssen jetzt auf Fragen Antworten finden, die es möglicherweise gar nicht gibt: Warum wurde der Deal zuerst vom Seco gutgeheissen, war das ein Schnellschuss im Duzis-Verfahren zwischen Behördenkollegen und -kolleginnen? Für Abklärungen zwischen Tür und Angel gibt es selten schriftliche Nachweise.
Warum hat die Ruag auf Basis einer informellen Zusage einen Vertrag mit Rheinmetall unterschrieben? Wollte man im Sinne von VBS-Chefin Amherd, die ursprünglich gegen den Deal nichts hatte, den Bundesrat zur Genehmigung drängen? Immerhin war die Debatte um Kriegsmaterialausfuhren noch in vollem Gange, und Gesetzesanpassungen sind immer möglich.
Oder hat Ruag-Präsident Perrin seine Aufsichtspflicht verletzt, der letztlich die frühere Ruag-Chefin Brigitte Beck über die Klinge springen liess, weil sie ein bisschen zu offen im Umgang mit der Wahrheit über die Schweizer Kriegsmaterialexporte war?
Und nicht zuletzt: Musste VBS-Chefin Viola Amherd kraft ihres Amtes von dem Geschäft wissen? Und wenn sie es nicht tat, müsste sie trotzdem gehen, weil sie nicht genau genug hingeschaut hat?
Die Geschichte, wie Amherd und Ruag sie darstellen, ist nicht glaubwürdig. Demnach habe Amherd von der informellen Voranfrage der Ruag ans Seco erfahren. Vom darauffolgenden Vertrag, der den Deal mit Rheinmetall besiegeln sollte, aber nicht. Sollte Ex-Ruag-Chefin Beck auf den Flur- und Mobilfunk sowie den guten Willen Amherds vertraut haben, wie gemunkelt wird, dann gibt es auch in diesem Fall keine schriftlichen Aufzeichnungen darüber, dass die Verteidigungsministerin vom Vertrag gewusst hat.
Fakt ist: Es ist ein Malheur zwischen einem oder mehreren Departementen und einem Bundesbetrieb passiert. Es wird Steuergeld für diese Institutionen eingesetzt, es sind vom Volk gewählte Amtsträger involviert, und es gibt einen mindestens moralischen Anspruch der Wähler und Steuerzahlerinnen für mehr Transparenz.
Zudem hätten Perrin und Amherd sich informieren müssen. Beide hätten gemäss ihren jeweiligen Informationen und Berichtspflichten, die in den Statuten der Ruag und des Eigners VBS stehen, handeln müssen. Zu sagen, man habe von nichts gewusst, genügt nicht.