Die Silicon Valley Bank ist das grösste US-Kreditinstitut, das in mehr als einem Jahrzehnt insolvent wurde. Ihr Zusammenbruch hat zu panischen Reaktionen an der Börse und in Politik geführt. In der Schweiz kommt die ohnehin schon taumelnde CS in weitere Turbulenzen. In Deutschland bricht die Aktie der Commerzbank ein. Nervosität macht die Runde.
Der Kollaps der kalifornischen Bank ist ein Schock. Er frisst sich langsam durchs System. Selbst der Präsident der USA ist bemüht, für Ruhe zu sorgen. «Die Amerikaner können sich darauf verlassen, dass das Bankensystem sicher ist», sagte Joe Biden bei einer kurzen Ansprache am Montag in Washington. Kunden, die ihr Geld bei in den über das Wochenende geschlossenen Geldhäusern Silicon Valley Bank und Signature Bank angelegt hatten, seien geschützt und hätten ab heute Zugang zu ihren Ersparnissen, so der US-Präsident. Das gelte auch für kleine Betriebe.
Die Investoren, die hinter den Banken stehen, müssten ihre Verluste hingegen selbst tragen. Ausserdem würden die Manager der unter staatliche Kontrolle gestellten Geldinstitute entlassen, kündigte Biden an. Ein C-Level-Manager der Pleite-Bank SVB arbeitete bis kurz vor dem Kollaps bei Lehman Brothers.
«Beruhigt euch»
Analog zu Biden betreibt auch Frankreichs Finanzminister Erwartungsmanagement. «Es gibt keine spezifischen Risiken für die französischen Banken», sagte Frankreichs Finanzminister Bruno Le Maire, als er in Brüssel auf mögliche Ansteckungseffekte nach der Pleite der US-Bank SVB angesprochen wurde. Es gebe keine direkten Verbindungen und ganz andere Geschäftsmodelle in seinem Land.
Auf die Frage nach seiner Botschaft an die Finanzmärkte, an denen Banken am Montag massiv im Minus waren, ergänzte Le Maire: «Beruhigt euch.» Natürlich müsse die Situation genau beobachtet werden.
Genau das tun die Aufsichtsbehörden in der Schweiz. Die Finanzmarktaufsicht Finma will sich zwar nicht zum Kurszerfall der CS-Aktie äussern, sagt aber immerhin, dass sie die Medienberichte zur Silicon Valley Bank und den jüngsten Entwicklungen zur Kenntnis nehme und die Situation «genau» beobachte. Wie bei solchen Vorkommnissen üblich, evaluiere man das direkte und indirekte Exposure der beaufsichtigten Banken und Versicherungen gegenüber den betroffenen Instituten.
Same procedure as last time? In den USA gehen Banken wie die Silicon Valley Bank zugrunde, weil sie Gefahr laufen, die abfliessenden Kundeneinlagen nicht mehr bezahlen zu können. Und was tut der Staat? Er springt ein. Mal wieder.
Die Banken selbst werden zwar nicht gerettet. Aber ihre Kunden. Diese hätten eigentlich wissen müssen, dass ihre Einlagen nur bis zu einer Summe von 250’000 Dollar wirklich sicher sind. Doch nun bekommen die Kunden alle Einlagen ausbezahlt. Und das Risiko, die falsche Bank ausgewählt zu haben, wird ihnen vom Staat abgenommen.
Der Schritt ist unschön, aber richtig. Die Alternative wäre gewesen, dass die Panik sich noch stärker verbreitet und Kunden von anderen mittelgrossen Banken kalte Füsse bekommen und per Mausklick ihre Gelder abziehen – das hätte unvorhersehbare Folgen für das gesamte Finanzsystem gehabt, nicht nur in den USA.
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«Ziel ist es, frühzeitig allfällige Klumpenrisiken und allfälliges Ansteckungspotenzial zu erkennen», so die Finma. Die Behörde stehe laut den Angaben diesbezüglich mit verschiedenen Instituten und ausländischen Behörden in Kontakt. Die Schweizerische Nationalbank (SNB) äussert sich dagegen nicht.
«Kein» Zweifel an Stabilität
Der deutsche Bundesfinanzminister Christian Lindner lobte derweil die amerikanische Regierung: Sie habe nach der Pleite der US-Bank entschlossen gehandelt. In Deutschland beobachte unter anderem die Finanzaufsicht Bafin die Situation fortwährend. «An der Stabilität haben diese Institutionen keinen Zweifel gelassen», sagte Lindner in Brüssel vor einer Sitzung der Euro-Finanzminister.
Die europäischen und spanischen Banken seien nach Einschätzung der Finanzministerin Spaniens, Nadia Calvino, solide und breit aufgestellt, heisst es auch aus Madrid. Das sollte uns zuversichtlich stimmen. Allerdings gebe es nach der Pleite der US-Bank SVB grössere Schwankungen an den Finanzmärkten.
Und was tut sich in Kalifornien? Der Vorstand der in die Pleite gerutschten Silicon Valley Bank hat am Montag ein fünfköpfiges Gremium für die Umstrukturierung des Instituts ernannt. Der unabhängige Ausschuss soll nach strategischen Alternativen für die SVB Holding suchen, teilte die Finanzgruppe mit.
In der Holding sind Tochtergesellschaften wie die SVB Capital und die SVB Securities Businesses angesiedelt, die ihre Geschäfte weiterführen. Hierzu gehören etwa die Underwriting- und Investitionsgeschäfte der SVB Capital. Das Gremium soll auch Strategien für die Verbindlichkeiten der Holding von rund drei Milliarden Dollar prüfen.
An der Wall Street gibts keine Freunde, so geht ein Sprichwort unter Börsenprofis. Nach vergangener Woche ist klar, dass dies auch für das Silicon Valley gilt. Die Silicon Valley Bank (SVB) war jahrzehntelang das Institut für die Startups im Silicon Valley und für jene, die diese Startups finanzierten. Dazu gehörte auch Peter Thiel (55) mit seinem Founders Fund.
Thiel hat den Bezahldienst Paypal gegründet und war einer der ersten Investoren in Facebook. So hat er ein Milliardenvermögen verdient. In seinem Geschäftsleben gilt Thiel als clever und zuweilen auch als aggressiv. Als der Autor Max Chafkin für die Biografie «The Contrarian» über ihn recherchierte, hätten viele – auch Millionäre mit politischer Macht – gesagt, sie hätten Angst vor Thiel, so schreibt Chafkin in seinem Buch. So mächtig und nachtragend sei Thiel, dass sein Name sogar zu einem Verb geworden sei: «To Peter Thiel someone» bedeute, sich schrecklich an jemandem zu rächen.
Was das mit der SVB-Pleite zu tun hat, lesen Sie hier.
(ise)