Vor einem Monat hat das Finanzdepartement den 20. Geburtstag der Schuldenbremse gefeiert. Zu Recht, diese hat sich bisher bewährt. Der Anteil der Bundesschulden am Bruttoinlandprodukt ist deutlich tiefer als vor 20 Jahren, trotz der Covid-Krise. Wir haben im Gegensatz zu anderen Ländern keinen Rückstand im Ausbau der Infrastruktur. Die Ausgaben für die Bildung und Forschung sind im Jahrzehnt vor Covid deutlich gestiegen, stärker als das Bruttoinlandprodukt.
Die Schuldenbremse hat dazu beigetragen, dass die Finanzpolitik in der Schweiz deutlich weniger aufgeregt ist als in vielen anderen Ländern. Alle wissen, dass Fehlbeträge beim Bund nicht von heute auf morgen beseitigt werden können. Deshalb werden grosse Ausgaben erst nach einer sorgfältigen Prüfung der mittelfristigen Auswirkungen getroffen. In den Budgetdebatten wird dann nur noch wenig Geld umverteilt. Die Schuldenbremse schafft dadurch auch Vertrauen. In ausserordentlichen Krisen können zusätzliche Ausgaben getätigt werden, im Vertrauen darauf, dass die Schuldenbremse anschliessend wieder für den Ausgleich sorgt. Wohl auch deshalb hat in der Covid-Krise kaum jemand gegen die Milliarden zur Unterstützung der Wirtschaft und der Bevölkerung aufbegehrt.
Die finanziellen Spielräume werden enger
Schliesslich hat sich die Schuldenbremse auch als Schutzschild für die Sozialversicherungen erwiesen. Sozialleistungen sind immer dann gefährdet, wenn Staaten in Finanzierungsnot sind. Eine solche hat die Schweiz in den letzten 20 Jahren nie erlebt. Deshalb hat es auch nie Angriffe auf die Grundleistungen der Sozialversicherungen gegeben. Im Gegenteil: Der Bund konnte im Rahmen der Unternehmenssteuerreform seine Beiträge an die AHV deutlich erhöhen. Und er hat in der Covid-Krise die Ausgaben für Kurzarbeit getragen und damit die Arbeitslosenversicherung entlastet.
Vor diesem Hintergrund ist es richtig, dass der Bundesrat die Schuldenbremse auch in Zukunft einhalten will. Die Spielräume für neue Aufgaben werden in diesem Jahrzehnt enger sein. Der Bundesrat und das Parlament werden Prioritäten setzen und schwierige Fragen beantworten müssen. Können wir uns bei der Aufrüstung mehr Zeit lassen, damit die Armeeausgaben nicht jährlich um mehrere hundert Millionen zunehmen? Kann die absehbar teure Wiederaufbauhilfe für die Ukraine zu Lasten einer Stabilisierung der Ausgaben für die Entwicklungszusammenarbeit finanziert werden? Werden Nutzer von Elektroautos nicht auch bald ihren Beitrag an die Verkehrsinfrastruktur bezahlen? Müssen wir in der Klima- und Energiepolitik nicht stärker auf Lenkungsabgaben und Vorschriften setzen, statt die Energiewirtschaft zu einer Branche von Subventionsjägern zu machen?
Alles Fragen, die wir uns ohnehin stellen müssten. Würden wir es tun, wenn es die Schuldenbremse nicht gäbe?