Frauen von ausserhalb der EU können ab 2016 nicht mehr legal in die Schweiz reisen, um in Cabarets zu tanzen. Nach jahrelanger Debatte wird das umstrittene Tänzerinnen-Statut aufgehoben - zum Unverständnis der Frauenorganisationen. Ihre Kritik: Frauen werden damit in die Illegalität getrieben. Das Statut war 1995 geschaffen worden, um in Striplokalen arbeitende Ausländerinnen vor Ausbeutung zu schützen. Prostitution und Animation zum Alkoholkonsum sind ihnen untersagt. Die Frauen aus Drittstaaten erhalten eine Bewilligung, um bis zu acht Monate pro Jahr in Cabarets aufzutreten.

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Ab nächstem Jahr ist damit nun Schluss. Der Bund argumentiert, das Statut begünstige Ausbeutung und Menschenhandel. Seit Jahren sehen die Behörden Hinweise auf Missbräuche. «Die Realität steht in krassem Gegensatz zur Rechtslage», erklärte Justizministerin Simonetta Sommaruga, als sie das Ende des Statuts bekanntgab.

Frauenorganisation ist kritisch

Rebecca Angelini von der Fachstelle Frauenhandel und Frauenmigration (FIZ) stellt zwar nicht in Abrede, dass Frauen von Cabaret-Betreibern auch zur Prostitution gezwungen werden. Daran sei aber nicht das Statut Schuld, sondern der mangelnde Wille der Behörden, gegen fehlbare Betreiber vorzugehen. «Der Bund verkauft eine Beschränkung für Migration aus Drittstaaten als Massnahme gegen Menschenhandel», kritisiert Angelini. Dabei habe der Bund gar keine Zahlen vorgelegt, wie viele Tänzerinnen Opfer von Frauenhandel werden.

Der legale Status bedeute dagegen eine hohe Schutzwirkung für die Frauen. «Es ist die beste Prävention gegen Gewalt», sagt Angelini. So könnten Tänzerinnen den Lohn für ihre Dienstleistungen zivilrechtlich einklagen oder gegen missbräuchliche Kündigungen vorgehen.

Vertieftere Ermittlungen möglich

Nach Ansicht des Bundesamts für Polizei (Fedpol) kann die Ausbeutung von Tänzerinnen hingegen künftig besser bekämpft werden. Denn im Rahmen des Cabaret-Statuts bestünden die Kontrollen primär darin, die Identität und den Aufenthaltstitel einer Person zu prüfen, schreibt das Fedpol auf Anfrage. Diese Kontrollen seien nicht geeignet, Missbräuche und Menschenhandel festzustellen.

Werde hingegen nach der Abschaffung des Tänzerinnen-Statuts eine Person aus einem Drittstaat in einem Cabaretbetrieb angetroffen, könnte dies bereits einen Anfangsverdacht darstellen. So seien vertieftere strafrechtliche Ermittlungen möglich.

Zudem stammt der Grossteil der Cabaret-Tänzerinnen aus Staaten, für die eine Visumspflicht besteht, wie beispielsweise Ukraine, Russland und die Dominikanische Republik. «So können wirksame Kontrollen stattfinden, um die Einreise zum Zweck der Prostitutionsausübung zu verhindern», schreibt das Staatssekretariat für Migration (SEM).

Angelini erwartet Verschlechterung

Der Bund rechtfertigt die Abschaffung des Statuts auch damit, dass die Nachfrage kontinuierlich gesunken ist. Wurden 2005 noch über 5600 Bewilligungen erteilt, waren es 2014 gerade noch 751. Die Schweiz ist das einzige europäische Land, das eine solche Regelung kennt. Für die FIZ ist das Statut letztlich ein Nebenschauplatz. «Die Frauen werden weiterhin kommen, nur wird sich ihre Situation verschlechtern», stellt Angelini klar. Einige Betreiber haben bereits angekündigt, aus ihrem Cabaret eine Kontaktbar zu machen.

Um Menschen im Erotikgewerbe generell besser vor Ausbeutung zu schützen, hat der Bund einen 26-Punkte-Plan beschlossen. Ausgearbeitet hat die Massnahmen eine vom Justiz- und Polizeidepartement eingesetzte Expertengruppe. Nach dem Willen der Expertengruppe sollen Frauen und Männer den Lohn für ihre Liebesdienste künftig einklagen können. Das ist heute nicht der Fall. Prostitution ist in der Schweiz zwar legal, Prostitutionsverträge verstossen gemäss Bundesgericht aber gegen die guten Sitten.

Rasche Massnahmen nötig

Frauenorganisationen wie die FIZ werten die Pläne des Bundes positiv. «Sexarbeit soll als legales Gewerbe behandelt werden», sagt Angelini. Als wichtig erachtet die FIZ auch den gesetzlichen Schutz für Opfer von Straftaten wie Vergewaltigung oder Körperverletzung. Wer bei der Erwerbsarbeit Opfer eines solchen Delikts wird, soll die Möglichkeit erhalten, Rückkehrhilfe und eine Aufenthaltsregelung zu beantragen.

Allerdings geht es Organisationen wie der FIZ nicht rasch genug. «Die Massnahmen müssten gleichzeitig mit der Abschaffung des Tänzerinnen-Statuts in Kraft treten», fordert Angelini. Für die Expertengruppe ist aber klar: Der Plan des Bundes ist ein Mehrjahresprogramm, das erst in einigen Jahren richtig greifen wird.

(sda/gku)