Bekanntlich ist die Schweiz eine Hochpreisinsel, unter anderem weil der Detailhandel zu wenig wettbewerblich ist und die Markenproduzenten zur Abschöpfung der hohen Schweizer Kaufkraft überhöhte Grosshandelspreise verlangen. Das bringt grosse volkswirtschaftliche Kosten – und Einkaufstourismus. Über diesen hört man nur Klagen, die Regierung bekämpft ihn mit restriktiven Einfuhrregeln und Kontrollen, und immer mehr Bürger werden als Schmuggler kriminalisiert. Das ist falsch. Denn der Einkaufstourismus ist für die Schweiz nur gut.

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Erstens kaufen die Konsumenten im Ausland oft die gleichen Produkte, die sie sonst in der Schweiz kaufen würden, nur eben billiger. So sparen sie viel Geld, das sonst grossenteils an die ausländischen Produzenten fliessen würde.

Argumente wie für Freihandel

Zweitens ist es auch nicht schädlich, wenn so mehr ausländische Güter importiert werden. Denn zugunsten des Einkaufstourismus sprechen die gleichen Argumente wie für Freihandel allgemein. Die Konsumenten gehen ja nur ins Ausland, weil sie da ein besseres Preis-Leistungs-Verhältnis erhalten. Das ist zwar ärgerlich für die Schweizer Detailhändler. Aber der Schweizer Wirtschaft insgesamt nützt es.

Durch zusätzliche Importe kommen Franken auf den Devisenmarkt, das drückt auf den Wechselkurs, und das gibt den Exporteuren bessere Chancen. Je mehr wir importieren, desto mehr können wir exportieren. Dank vielen Importen und Exporten können wir uns auf das spezialisieren, was wir besonders gut können. Diese Spezialisierung hat die Schweiz reich gemacht.

Alle profitieren von den Einkaufstouristen

Drittens bedeuten günstige Auslandeinkaufsmöglichkeiten, dass die Lebenshaltungskosten tiefer und die Löhne real mehr wert sind. Das steigert die Arbeitsanreize sowie die Wettbewerbsfähigkeit der Schweiz und insbesondere ihrer Grenzregionen.

Viertens profitieren alle Konsumenten von den Einkaufstouristen. Weil diese sich die hohen Schweizer Preise nicht einfach gefallen lassen und nach besseren Alternativen suchen, entsteht Druck auf die Produzenten und Detailhändler, die Schweizer Preise zu senken.

Auch die Öko-Argumente ziehen nicht

Fünftens ist die Behauptung, der Auslandeinkauf gefährde in der Schweiz Arbeitsplätze, längerfristig falsch. Die Schweizer Anbieter aus allen Branchen und Regionen klagen ja immer über die hohen Arbeitskosten. Die sind aber nur so hoch, weil hierzulande Arbeit überall knapp ist. Ein Rückgang der Beschäftigung in wertschöpfungsschwachen Firmen und Branchen bringt deshalb keine Arbeitslosigkeit, sondern nützt starken Firmen und Branchen und bringt Strukturwandel und höhere Produktivität.

Sechstens ziehen auch die oft gegen Einkaufstourismus vorgebrachten ökologischen Argumente nicht. Seine Auswirkungen sind etwa im Vergleich zum Grenzgängerverkehr klein und oft sogar positiv. Bei vielen Familien ersetzt die grosse zweiwöchentliche Einkaufsfahrt ja viele kleine Einkaufsfahrten und zudem oft noch einen anderen Wochenendausflug.

Folglich gilt: Einkaufstourismus ist gut. Er soll nicht erschwert, sondern gelobt werden.

*Reiner Eichenberger ist Professor für Finanz und Wirtschaftspolitik an der Universität Freiburg.

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