Aktuell herrscht im Krieg in der Ostukraine ein brüchiger Waffenstillstand. Der Kampf vor Gericht nimmt indes erst jetzt richtig Fahrt auf. Die Forderungen, die in beiden Ländern gegen die jeweilige Gegenpartei erhoben wurden, erreichen inzwischen bereits 100 Milliarden Dollar.

Mit den gegenseitigen Schadenersatzklagen habe die Konfrontation eine neue Phase erreicht, sagte Osteuropaexpertin Otilia Dhand der Wirtschaftsagentur Bloomberg. Die Spannungen zwischen der Ukraine und Russland dürften damit noch lange nach einem allfälligen Ende des Krieges weitergehen, denn die Prozesse werden Jahre dauern und viele Millionen Dollar an Gerichtskosten verschlingen.

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Dies sind die wichtigsten Forderungen:

Russland gegen die Ukraine

Russland fordert vor einem Gericht in London die Rückerstattung einer 3 Milliarden Dollar schweren Euromarkt-Anleihe (Eurobond) vom Dezember 2013. Die Russen haben den Schuldenschnitt, den die Ukraine ihren Gläubigern unterbreitet hat, nicht akzeptiert und pochen nun auf Rückzahlung der gesamten Summe. Laut Experten dürfte der Prozess 18 bis 24 Monate dauern.

Ukraine gegen Russland

Der ukrainische Präsident Petro Poroschenko hat im Januar angekündigt, das die Ukraine Russland wegen der Besetzung der Krim-Halbinsel verklagen werde. Vor dem Internationalen Gerichtshof in Den Haag will die Ukraine mehr als eine Billion Hryvnia (37 Milliarden Dollar) einfordern. Bis der Internationale Gerichtshof über die Rechtmässigkeit der Annexion entschieden hat, dürften aber viele Jahre vergehen.

Naftogaz gegen Gazprom

Der staatliche Energiekonzern der Ukraine hat gazprom in Stockholm auf 26 Milliarden Dollar verklagt. Laut Naftogaz waren die russischen Gas-Lieferungen zu teuer und die Entschädigung für den Transit des Gases durch die Ukraine zu schlecht bezahlt. Zusätzlich bereitet Naftogaz ebenfalls eine Klage wegen der Annexion der Krim-Halbinsel vor.

Gazprom gegen Naftogaz

Gazprom fordert von Naftogaz über 29 Milliarden Dollar für unbezahlte Gaslieferungen und nicht eingehaltene Abnahmeverträge. Insgesamt will Gazprom nach eigenen Angaben 32 Milliarden Dollar von der Ukraine einfordern.

Oschadbank gegen Russland

Die ukrainische Staatsbank will 15 Milliarden Dollar von Russland für Vermögenswerte, die durch die Annexion der Krim verloren gegangen seien. Der Chef der Oschadbank rechent mit einem Verfahren von bis zu vier Jahren.

Weitere Firmen gegen Russland

Zahlreiche weitere ukrainische Firmen fordern ebenfalls Geld wegen der Eroberung und Annexion der Krim. Die Klagen beziehen sich auf einen Investitionsvertrag der beiden Länder aus dem Jahr 1998. Russland lehnt eine Teilnahme an den Rechtsverhandlungen aufgrund des Vertrages ab.

Schwierig einzufordern

Selbst wenn die Fälle irgendwann in ferner Zukunft durch sind, heisst dies noch lange nicht, dass die Forderungen auch eingetrieben werden können. Laut Bloomberg müsste sich beispielsweise die Ukraine hinter den ehemaligen Besitzern des Ölkonzerns Yukos anstellen. Drei Aktionäre des zerschlagenen Energieriesen haben in Den Haag 50 Milliarden Dollar zugesprochen bekommen.

Russland hat das Urteil von 2014 nicht anerkannt und weigert sich zu bezahlen. Eine Sperrung von russischen Konten in Belgien wurde nach Druck aus Russland im letzten Jahr rasch wieder aufgegeben.