Von Anfang Oktober 2022 bis Ende März 2023 sollen die Behörden, die Wirtschaft und die privaten Haushalte sparsamer mit Gas umgehen. Das hat der Bundesrat beschlossen. Dieses freiwillige Sparziel von 15 Prozent im Vergleich zum Durchschnittsverbrauch der vergangenen fünf Jahre entspricht jenem der EU. In den EU-Staaten gilt das Sparziel von August 2022 bis März 2023.
Gemäss Mitteilung des Bundesrats vom Mittwoch ist die Schweiz beim Gas vollständig von Importen aus dem Ausland abhängig. Eine europäische Mangellage würde sich daher direkt auf die Schweiz auswirken und den Abruf der von der Schweiz im Ausland eingekauften Gaslieferungen erschweren. Da andere Länder Gas brauchen, um Strom zu produzieren, könne mit Einsparungen beim Gas die Versorgungssituation generell verbessert werden, schreibt die Landesregierung.
Heizungen runterschalten
Im Fokus von freiwilligen Einsparungen steht die Industrie. Mit einer freiwilligen Umschaltung von Zweistoffanlagen von Gas auf Öl könnten beträchtliche Gasmengen eingespart werden, schreibt der Bundesrat.
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Das grösste Einsparpotenzial gibt es jedoch bei der Raumwärme. Ein Grad weniger heizen, spart bis zu 6 Prozent Energie. Ein wesentlicher Teil der Einsparungen soll laut dem Bundesrat deshalb durch freiwillige Einsparungen bei Haushalten, Industrie, Dienstleistungen und in der öffentlichen Verwaltung erreicht werden.
Zudem bereitet der Bundesrat ein Sparprogramm für die Bundesverwaltung vor. Apparate und Computer, die nicht zwingend in Betrieb sein müssen, sollen abgeschaltet werden. Abgeklärt wird auch, wie bei einer Mangellage Standorte der Bundesverwaltung zusammengelegt werden könnten, damit weniger Räume geheizt werden müssten. Auch Homeoffice ist ein Thema.
Für Energieministerin Simonetta Sommaruga zeigt die aktuelle Krise mit aller Deutlichkeit, wie verletzlich die Schweiz energietechnisch ist, solange sie von Öl und Gas aus dem Ausland abhängig ist. Die Energiekrise sei ein Signal, jetzt vorwärts zu machen und mehr Energie in der Schweiz selber zu produzieren. Und: «Wir müssen aufhören, Energie zu verschwenden, auch das hilft, den Engpass zu vermeiden», sage Sommaruga im Bezug aufs freiwillige Sparziel.
Keine Abschaltung bei Haushalten
Falls das Gas in der Schweiz im Winter trotzdem knapp würde, könnte der Bundesrat Verbrauchsverbote erteilen. Denkbar wären gemäss dem Grundsatzentscheid beispielsweise das Untersagen von Terrassen-Heizstrahlern oder die Schliessung von Sport- und Wellnessbereichen.
Nächste Woche sollen die entsprechenden Verordnungsentwürfe vom Bundesrat zur Kenntnis genommen werden und danach in die Konsultation gehen. Erst danach werden die definitiven Massnahmen beschlossen.
Nützt der freiwillige Sparappell nichts oder zu wenig, sind gemäss Eckwerten auch Verwendungseinschränkungen und Verbote und – als Ultima Ratio – eine Kontingentierung möglich. Von einer Abschaltung nicht betroffen wären aber private Haushalte.
Momentan kein Engpass
Die Verordnungen sollen laut der Regierung erst im Falle einer Mangellage in Kraft treten und je nach aktueller Lage angepasst werden. Beispielsweise könnten verschiedene Regionen unterschiedlich stark von Gasmangel betroffen sein.
Die Versorgungssicherheit der Schweiz ist laut dem Bundesrat derzeit gegeben. Aufgrund des Ukraine-Kriegs und der damit verbundenen Gaslieferunterbrechungen in Europa sowie der Situation bei den Kernkraftwerken in Frankreich kann gemäss Einschätzung der Elektrizitätskommission (Elcom) die Stromversorgung im kommenden Winter 2022/23 aber angespannt werden.
(SDA)