Nach dem Ja zur Masseneinwanderungs-Initiative fackelte die EU nicht lange. Sie degradierte die Schweiz für das Studentenaustauschprogramm Erasmus+ ab kommendem Herbstsemester kurzerhand zu einem Drittstaat wie Albanien, Ägypten oder Libyen. Der Aufschrei unter den Studierenden war gross. Ihre Verbände klagten, die Schweizer Hochschulen würden isoliert – mit verheerenden Folgen für Wissenschaft und Forschung.
Die Degradierung der Schweiz dürfte aber auch für die Notenblätter der Schweizer Studenten spürbare Konsequenzen haben. Denn im Ausland ist es einfacher, gute Noten zu machen. Im Mittel erreichen die Austauschstudenten einen um eine halbe Note besseren Schnitt – bei geringerem Aufwand. Das hat eine kleine Umfrage der «Handelszeitung» unter Studenten ergeben. Sie erhebt nicht den Anspruch, repräsentativ zu sein.
In Europa deutlich besser
«Mein Notenschnitt an der Universität Zürich lag bei 4,7. Im Ausland habe ich es auf 5,75 gebracht», sagt ein Student der Betriebswirtschaft. Ein Fach-Kommilitone von der Universität St. Gallen gibt zu: «Mein Notenmittel stieg im Ausland auf 5,8. An der HSG lag er bei 5,2.» Bei allen befragten Studenten stiegen die erreichten Noten. Die Spanne reicht von plus 0,4 Punkten bis zu 1 Punkt.
Nicht alle Studenten sind damit einverstanden, dass es im Ausland weniger aufwendig sei, gute Noten zu erreichen: «Wir mussten jede Woche etwas abliefern oder hatten eine Prüfung wie in der Schule.» Einig sind sich aber alle Befragten: «Die Prüfungen sind im Ausland einfacher.» Fairerweise muss man sagen, dass die Austauschstudenten an der Gastuniversität Kurse belegen, die zum einfacheren Teil des Curriculums gehören.
Antonio Loprieno, Präsident der Schweizerischen Rektorenkonferenz, glaubt aber nicht an einen Notentourismus: «Ich denke nicht, dass die Studenten nur durch kostenlose Partys und bessere Leistungen zum Austausch motiviert werden.» Es koste viel Wille und Engagement, sich im Ausland zu bewegen und sei immer auch ein Risiko: «Nicht alle im Ausland erworbenen Credits werden angerechnet.» Vor allem aber helfe ein Auslandssemester den Studierenden, ihren Horizont zu erweitern und ihre Arbeitsmarkfähigkeit zu verbessern.
Angebot nutzten allerdings nur wenige Studenten
Das Angebot nutzten in den vergangenen Jahren allerdings nur wenige Studenten. An allen teilnehmenden Universitäten und Fachhochschulen war Erasmus ein Minderheitenprogramm. Zwar stieg die absolute Zahl der Teilnehmer von 1262 im Jahr 2001 kontinuierlich auf 2612 im Jahr 2012. Gemessen an der Zahl der Immatrikulierten nutzten zuletzt im Schnitt der Hochschulen aber bloss 1,4 Prozent der Studenten das Mobilitätsangebot.
Dank dem Austauschvia Erasmus stieg der Notenschnitt bei vielen Studenten.