Nein, das möchte man Magdalena Martullo-Blocher nicht auch noch zumuten. Dass sie nämlich ausländische Topleute erst nach Vorgabe einer Zentralbehörde in Bern rekrutieren darf. Statt sie mit staatlich fixierten Kontingenten zu belästigen, ist mir viel lieber, wenn die Ems-Chefin auch bei ihren Personalentscheiden grösstmögliche Freiheit geniesst. Wer sonst kann besser entscheiden als sie, wer ihrer Firma echten Mehrwert bringt?
Ein Drittel Ausländer im Ems-Kader
Immerhin beweist ihr durchschlagender Geschäftserfolg, dass sie beim Anheuern von Hochqualifizierten ein glückliches Händchen hat. Und sie weiss bei ihren Hirings offenkundig den Personalpool aus dem EU-Raum zu schätzen. Und wie. Immerhin sind 17 Manager in ihrem fünfzigköpfigen Topkader ausländische Staatsbürger, zumeist Deutsche. Womit der Ausländeranteil im Ems-Kader einen Drittel erreicht – mehr als im Schweizer Durchschnitt.
Gleichwohl legt sie sich für die Begrenzungsinitiative ins Zeug, die es auf die Personenfreizügigkeit mit der EU abgesehen hat. Konsequent ist das nicht. Dass sie ständig vor Führungskräften mit ausländischem Pass warnt, ist es ebenfalls nicht.
Ginge es nach besagter SVP-Initiative, würde der Staat jedes Jahr ex ante festlegen, wie viele Arbeitskräfte aus dem EU-Raum – ausgestattet mit einem gültigen Arbeitsvertrag – in der Schweiz anheuern dürften. Nur, ein Kontingentierungssystem fördert die Bürokratisierung und setzt das Wachstum von Schweizer Betrieben aufs Spiel. Dass nicht noch mehr Regulierung im Arbeitsmarkt, sondern eine bedarfsgerechte Zuwanderung sinnvoll ist, weiss auch der Schweizerische Gewerbeverband. Weshalb er mit dem Slogan «Ein Nein zur Begrenzungsinitiative ist ein Ja zu den KMU» wirbt.
«Fast 90 Prozent der im St. Galler Rheintal produzierten Industriewaren werden ins Ausland exportiert. Ein diskriminierungsfreier Zugang zu diesen Absatzmärkten ist zentral.»
Obendrein würden mit einem Ja zur Initiative eher früher als später die sieben Basisverträge der Bilateralen I dahinfallen. Das Fazit ist also schnell gezogen: Um die Rekrutierung und Zuwanderung aus dem EU-Raum in die eigenen Hände zu nehmen und im besten Fall leicht zu drosseln, würde die Wettbewerbsfähigkeit der Schweiz unterminiert. Weil das Land unter steigender Rechtsunsicherheit und Arbeitskräftemangel litte sowie Retorsionsmassnahmen vom grössten Handelspartner zu bewältigen hätte. Konkretes Beispiel: Fast 90 Prozent der im St. Galler Rheintal produzierten Industriewaren werden ins Ausland exportiert. Ein diskriminierungsfreier Zugang zu diesen Absatzmärkten ist zentral.
Die neue SVP-Führung sollte in neue Dossiers investieren
Besonders in der Corona-Krise, die 600 000 Betriebe bis zum Äussersten fordert: Da braucht es nicht nächste Herausforderungen und Baustellen.
Was mich fürs Erste zuversichtlich macht: Der Frontalangriff auf die Bilateralen, dieser Marketingschlager der SVP, der sich alle paar Jahre wiederholt, scheint sich totgelaufen zu haben. Zu wünschen ist der neuen Parteiführung, dass sie in neue Dossier investiert – etwa in den Verkehr, die Steuern, die Altersvorsorge, Innovation oder Nachhaltigkeit.